Ich habe Besan via Instagram kennengelernt. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Söhnen in Gaza. Das Wissen um ihr Leid
ist kaum auszuhal-ten – ich kenne viele, die sich abwenden, um ruhig schlafen zu können. Ich aber will, dass Besan
Teil meines Lebens ist. Ich stelle ihr Fragen, zu ihren Ängsten, ihren Träumen, auch wenn die Antworten immer,
wirklich immer, schmerzen. Unser Austausch lehrt mich, dass die Hilflosigkeit abnimmt, wenn man sich wagt, erst
recht hinzuschauen. Spenden sind wichtig, doch wir dürfen nicht vergessen, uns zu verbinden, zuzuhören, für einander
da zu sein. Deshalb gehört der Rest dieser Kolumne Besan (sie weiss, dass ich Teile ihrer Nachrichten
veröffentliche): «Vor dem Krieg war
Verzweiflung unbedeutend. Wir
empfanden sie, wenn uns die Arbeit erschöpft, die Routine überwältigt hatte. Heute ist sie schwer wie eine
Krankheit, der wir nicht entkommen können. Ich sehe sie in jedem Detail:
wenn ich mich selbst betrachte, meine Kleidung, mein Zelt, meine Kinder. Jedes Mal, wenn ich meinen älteren Sohn
Hisham anschaue, der jetzt
eigentlich in der Schule sein sollte, oder Sami, der zu Beginn des Krieges ein Jahr und vier Monate alt war. Ein
Kind, das nicht weiss, was ein Zuhause bedeutet. Ich habe Verständnis und dennoch tut es weh, wenn Menschen
ignorieren, was hier geschieht. Sie können ihre Telefone ausschalten, wenn sie sich überfordert fühlen, während
wir vor der Erschöpfung und der Realität des Krieges nicht davonlaufen können. Und niemand versteht die ganze
Tiefe des Schmerzes, ausser denen, die ihn selbst erlebt
haben. Menschliche Beziehungen sind das Wertvollste, was wir haben, das
habe ich während des Krieges gelernt. Ein Wort, eine kurze Nachricht, ein einfacher Satz, das reicht aus, um mir
wieder auf die Beine zu helfen. Ganz gleich, wie klein diese Geste auch sein mag, für uns bedeutet sie sehr
viel, denn sie sagt uns: Es gibt jemanden, der uns sieht, uns hört und mit uns fühlt. Ein Mensch braucht ein
anderes Herz, das mit ihm fühlt –
niemand kann den Weg alleine gehen.
Wenn ich Bilder von Menschen sehe, die sicher in ihren Häusern leben, weine ich aus tiefstem Herzen. Ich
erinnere mich, dass ich einmal wie sie war. Ich hatte ein Zuhause, ein stabiles und normales Leben. Und ich will
es nicht verheimlichen: Ich finde das unfair, dass wir in einem einzigen Moment alles verloren haben. Die
einfachsten Träume werden zu den grössten, wenn wir sie verlieren. Ich träume von Sicherheit und einem normalen
Leben, mehr nicht.»