Es ist November. Grauer November. Die goldenen Farben der Blätter trotzen der nebligen Dunkelheit. Ach ja, an dieser Stelle kurz an alle Emmentalerinnen und Emmentaler. Ich schreibe das Ganze hier als Heimweh-Emmentalerin aus dem Seeland. Deswegen schreibe ich Dinge wie grauer November und Nebel. Ich weiss, ihr kennt diese Stimmung beinahe nur aus Märchenbüchern und Horrorfilmen. Doch hier im Berner Seeland ist der November tatsächlich grau. Das heisst, wenn wir vor lauter Grau das Grau überhaupt noch als Grau erkennen können. Es behaupten hier tatsächlich alle, es sei schon viel weniger grau geworden. Aber ich als gebürtige Emmentalerin kann da wohl einfach nicht mitreden, da ich zu wenig geschult wurde in der Unterscheidungsgabe der verschiedenen Graustufen. Ich habe verschiedene Strategien entwickelt, wie ich so «verungraut» wie möglich durch den November komme. Ich fische quasi im trüben Teich nach dem Glück im Unglück. Beispielsweise versuche ich das Grau zu ehren. In dieser Übung bin ich zwar nicht gut. Ich bleibe aber dran. Dann gibt es noch die Fokus-Übung. Ich fokussiere mich auf die farbigen Blätter und deren Kontrast zum Nebel. Ich finde das zeitweise richtig hübsch, auch wenn ich weiss, dass im Emmental die Blätter jetzt goldig glänzen im Schein der Herbstsonne. Immerhin kann ich den Fokus halten. Dann kommt da aber meine absolute Lieblings-Übung: Ich fahre aus der Nebelsuppe raus auf den Chasseral oder die Vue des Alpes und sehe mir das Nebelmeer an. Wenn ich dann wieder runterfahre, erzähle ich meiner Tochter, wir wären jetzt in einem Unterwasserboot und tauchen damit ins tiefe graue, zeitgemäss umweltverschmutzte Meer. Die letzte Graustufen-Technik wende ich in letzter Zeit häufig an: Ich lasse mein inneres Licht grösser werden, damit mich das Grau nicht verschluckt. Und so langsam dünkt es mich, es fängt zu wirken an. Wenn ich mich sonst normalerweise nach sechs Stunden Nebel wie ein schwabbeliges, grusliges Spinnennetz gefühlt habe, welches bald kein Leben mehr in sich trägt, fühle ich mich durch diese Übung eher wie ein leuchtender Regenbogenfisch. Und doch, sie bedeutet täglich harte, innere Arbeit, das sei gesagt! Deswegen haltet inne, liebe Emmentaler und Emmentalerinnen, wenn euch trübe, neblige Gedanken durch den Kopf gehen. Denkt an eure privilegierte Wohnsituation, knipst den Kopf aus und lasst das Herz summen. Es blubbert liebe Grüsse aus dem trüben Teich.