Vor 30 Jahren haben sie als Aushilfen begonnen – und sind geblieben

Vor 30 Jahren haben sie als Aushilfen begonnen – und sind geblieben
Produzieren, montieren und verkaufen seit 30 Jahren Seile: Alfred Beer, Rolf Wiedmer und Beat Kobel (von links). / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Trubschachen: Alfred Beer, Rolf Wiedmer und Beat Kobel weisen mehrere Parallelen auf. Eine ist, dass alle drei Bauer werden wollten und vor 30 Jahren in die Firma Jakob wechselten.

Das hätten sie vor 30 Jahren nicht geglaubt; dass sie dereinst zu Drahtseil-Fachleuten werden sollten. 

Alfred Beers Reich ist die Seilfabrikation, wo er sich über all die Jahre ein immenses Wissen für die Herstellung verschiedenster Seile angeeignet hat. «Dazu gehören etwa Skiliftseile mit bis zu 27 Millimeter Durchmesser und mit bis zu fünf Tonnen Gesamtgewicht», nennt er ein Beispiel. «Aber auch andere Seile aus Edelstahl und Kunststoff.» 

Rolf Wiedmers Hauptaufgabe nennt sich Anschlagmittelkontrolle. Was heisst das? «Ich kontrolliere zum Beispiel Gurten und Ketten von Kranen bei Kunden.» Daneben montiert er auch Architekturseile und gehört zu den wenigen, welche die Kunst des Seilspleissens beherrschen. Dabei werden die zwei Enden eines Seils durch Verflechten dauerhaft und stabil miteinander verbunden. Beat Kobel seinerseits war der erste Seilerlehrling, der in der Firma Jakob ausgebildet wurde. Vor über 20 Jahren wechselte er ins Büro. «Heute arbeite ich im technischen Verkauf der Ar­chitekturseile», erklärt er. Nebst vielen Fachinformationen musste er sich auch die englische Sprache aneignen. Auf seiner Visitenkarte steht «Head of Sales Architecture International».


Gekündigte Pachten, neue Berufe

Landwirt. Das war der Berufswunsch der drei Buben Beat, Rolf und Alfred, als sie in Fankhaus die Schulbank drückten. «Das war irgendwie logisch», sind sie sich einig. Alle drei sind auf einem Bauernhof aufgewachsen und haben nach der Schule dann auch zwei Bauernlehrjahre absolviert; das erste auf dem heimischen Betrieb, das zweite auswärts – auch das eine Parallele in der Biografie der drei Männer. Es gibt noch eine weitere: Alle drei Familien hatten nicht eigene Höfe, sondern eine Pacht. Und bei allen wurde Anfang der Neunzigerjahre bekannt, dass die Pacht nicht an eine weitere Generation gehen wird. Die jungen Männer brauchten eine andere Arbeit. Beat Kobel war der erste, der bei der Firma Jakob in Trubschachen anheuerte. «In einem Inserat in der ‹Wochen-Zeitung› stand, dass die Firma Leute sucht», berichtet er. «Ich habe angerufen und am kommenden Montag angefangen. So war das damals.» Im selben Jahr haben dann auch Rolf Wiedmer und Alfred Beer begonnen, bei den Jakobs zu arbeiten. «Zuerst hiess es, sie suchten eine Aushilfe für drei Wochen», erinnert sich Beer und lacht. Sie starteten denn auch im Stundenlohn als Aushilfen. «Es gab viel zu tun», sagt Rolf Wiedmer. «Wir stempelten oft früh ein und spät aus. Die Arbeit musste gemacht werden.»


Begehrte Seile, neue Produkte

Die Firma Jakob erlebte in den Neunzigerjahren einen ersten Boom, sodass die Aushilfen oft voll beschäftigt wurden. Etwa nach dem Orkan Lothar. «Damals schafften sich viele Waldbesitzer eine Seilwinde an oder reparierten ihre bestehende. Es kam vor, dass bis sechs Kunden angestanden sind, um ein Seil abzuholen», berichtet Rolf Wiedmer und Alfred Beer fügt an: «Wir konnten damals bereits Windenseile herstellen. Das sprach sich herum.» Begehrt waren auch die Edelstahlseile, an deren Enden Gewinde angepresst waren. «Diese Seile wurden nun auch in der Architektur eingesetzt», berichtet Beat Kobel. Die Architekturseile hätten der Trubschacher Firma einen regelrechten Schub verliehen. Die Belegschaft wuchs an, die Produktionsstätte wurde vergrössert. Alle drei loben den Zusammenhalt im Team. «Peter Jakob konnte das Team immer gut für eine neue Idee begeistern. Auch für Ideen, die im ersten Moment kaum möglich erschienen», sagt Rolf Wiedmer. Zum Beispiel? Bei Geländern hätten aus Sicherheitsgründen nicht mehr horizontale Seile gespannt werden dürfen. Warum nicht ein Netz? So entstand das Produkt, das heute als Webnet bekannt ist und etwa auch bei Zoogehegen, als Absturzsicherung oder zur Begrünung von Fassaden montiert wird. Um am internationalen Markt bestehen zu können, eröffnete die Firma aus Trubschachen im Jahr 2008 in Vietnam eine Produktionsstätte.


Billige Konkurrenz, neue Generation

«Die Expansion nach Vietnam – da bin ich  ganz ehrlich – sorgte auch bei mir für Zweifel», erinnert sich Beat Kobel. «Was wird aus unseren Stellen, wenn dort viel günstiger produziert werden kann? Schnell stellte sich aber heraus, dass wir am Standort Trubschachen ohne Vietnam weniger ‹z tüe› hätten.» In Trubschachen werden unter anderem massgefertigte Teile für die Montage des Webnet in aller Welt hergestellt. Die Firma gedeiht weiter und die drei einstigen Bauernbuben aus Fankhaus sind mittendrin. Die Geschichte geht weiter. Beat Kobels Sohn, Joshua, hat von 2019 bis 2022 die Seilerlehre absolviert. «Das heisst heute natürlich nicht mehr so, sondern Textiltechnologe mit Fachrichtung Seil- und Hebetechnik», fügt Beat Kobel an und lacht. «Das Handwerk ist aber grundsätzlich noch dasselbe wie einst.»

15.02.2024 :: Bruno Zürcher (zue)