Emme: Alle Interessen sollen zusammenfliessen

Emme: Alle Interessen sollen zusammenfliessen
Nicht überall hat die Emme so viel Platz wie in Horben. Der Richtplan soll aufzeigen, wo dies auch möglich wäre. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Emmental: Wie kann die Emme sicherer für Hochwasser gemacht werden? Wo soll der Fluss revitalisiert werden? Antworten soll der Gewässerrichtplan liefern, der nun erarbeitet wird.

Zwei Dinge verspricht sich Georg Heim vom Gewässerrichtplan Emme: Planungssicherheit sowie mehr Geschwindigkeit bei Gewässerprojekten. Der Bereichsleiter Wasserbau beim kantonalen Tiefbauamt kennt nämlich Wasserbauprojekte, an denen seit mehr als zehn Jahren geplant wird – ohne eine Lösung gefunden zu haben. Diskussionen gibt es dabei meist bei den Themen Ökologie und Hochwasserschutz. Aber auch andere Aspekte spielen eine Rolle. Georg Heim nennt eine ganze Reihe: Die Hälfte der grösseren Wasserfassungen befinden sich im Gewässerraum; die Bevölkerung will die Flüsse als Naherholungsgebiet nutzen; die Fische sollen bessere Lebensbedingungen vorfinden; Arten wie der Biber erobern immer mehr Gewässer zurück; Wasserkraftwerke leisten einen Beitrag zur Energiesicherheit; Umweltverbände wollen möglichst der Natur freien Lauf lassen; ein Teil  der Emme (im Bereich des Räblochs) gilt als Auenlandschaft von nationaler Bedeutung. Das Ziel des Gewässerrichtplanes ist klar: Alle Interessengruppen sollen sich auf einen gemeinsamen Nenner einigen. So sollen dann die einzelnen Projekte rascher umgesetzt werden können.


Erster solcher Richtplan im Emmental

Der erste Abschnitt des Gewässerrichtplans umfasst den oberen Teil der Emme: vom Quellgebiet bis Emmenmatt, wo die Ilfis in die Emme mündet. An der Startsitzung am Dienstagabend haben entsprechend Vertreter der Schwellenkorporationen und Gemeinden Schangnau, Eggiwil, Röthenbach, Signau, Lauperswil, Trub, Trubschachen und Langnau teilgenommen. Mitgewirkt hat auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) sowie verschiedene kantonale Ämter: das Fischereiinspektorat, das Amt für Wald und Naturgefahren, das Amt für Wasser und Abfall. Engagiert sind auch Planungsbüros, welche die Grundlagen erarbeiten sollen. Georg Heim wird die Erarbeitung des Richtplans koordinieren. Wie können sich Umweltverbände, Kraftwerkbetreiber und die Bevölkerung einbringen? «Die Bevölkerung wird sich bei der öffentlichen Mit­wirkung äussern können, die voraussichtlich 2026 stattfinden wird», erklärt Georg Heim. «Die Infrastrukturbetreiber und die Verbände werden ihre Anliegen in der politischen Begleitgruppe einbringen können. Dort wirken auch die kantonalen Ämter und das Bafu mit.» Den Richtplan zu erarbeiten, wird rund 250´000 Franken kosten. Bund und Kanton übernehmen mit 47 Prozent beziehungsweise 28 Prozent den Löwenanteil. Die Gemeinden müssen ihrerseits die restlichen 25 Prozent beisteuern.


Klimawandel als wichtiger Faktor

Die Schwellenkorporationen, die sich im Auftrag der Gemeinden um den Unterhalt der Gewässer kümmern, hatten in den letzten Jahren gleich mehrfach die Folgen heftiger Hochwasser zu bewältigen. Wird dies den Richtplan beeinflussen? «Der Klimawandel wird zu häufigeren Extremereignissen führen. Diese Erkenntnis wird sicher in den Richtplan einfliessen», sagt der Bereichsleiter Wasserbau. «Das Bafu hat den Kanton Bern explizit beauftragt, den Klimawandel in die Planungen miteinzubeziehen.» Anhand einer Risikokarte werde bestimmt, wo zwingend gehandelt werden müsse.


Mehr Geld für mehr Raum

Revitalisierungen hatten es in der Vergangenheit tendenziell schwer.  Wald ist streng geschützt und die Bauern wollen das ebene, fruchtbare Land entlang der Gewässer – oft handelt es sich um sogenannte Fruchtfolgeflächen – weiterhin bewirtschaften. «Es gibt für die Schwellenkor­porationen finanzielle Anreize, da und dort Projekte zugunsten der Natur umzusetzen», sagt Georg Heim. «Wird Flüssen mehr Platz gewährt, fliessen von Kanton und Bund viel mehr Subventionen.» Honoriert werden die Gemeinden auch, wenn sie ihre Gefahrenkarte stets aktualisieren, ein Risikomanagement für ihre Schutzbauten führen oder Hochwasserentlastungsräume (welche im extremsten Fall überflutet werden) in ihrer Ortsplanung berücksichtigen. «Der Richtplan soll kein Instrument sein, um jemanden in die Knie zu zwingen», betont Georg Heim. «Es soll ein massgeschneidertes Instrument für die Entwicklung der Emme in dieser Region sein.» Der Richtplan, welcher am Ende vom Regierungs-rat genehmigt wird, soll in einem
Bericht, einer Karte und Massnahmenblättern aufzeigen, wo welcher Schwerpunkt umgesetzt werden soll. «Damit sorgen wir auch für Planungssicherheit», sagt Georg Heim. «Wer ein Projekt angehen will, weiss auf den ersten Blick, was die Ausgangslage ist.»

08.02.2024 :: Bruno Zürcher (zue)