Ein eigenes kleines Windrad soll für Energie sorgen

Ein eigenes kleines Windrad soll für Energie sorgen
Zwölf Meter hoch ragt das Profil in die Höhe. Die Familie Wüthrich will hier mit der Windkraftanlage selber Energie gewinnen. / Bild: Daniel Schweizer (sdl)
Eggiwil: Eine neu entwickelte 3D-Windkraftanlage soll schon bald oberhalb von Eggiwil ein Wohnhaus mit zwei Haushalten das ganze Jahr mit Strom versorgen.

Das Haus, mit dem zwölf Meter hohen Profil dahinter, steht auf halbem Weg zwischen Eggiwil und dem Blapbach. Grossartig ist die freie Sicht über das ganze Oberemmental. «Auch windtechnisch», erklärt Bernhard
Wüthrich, «ist die Lage optimal. Wir haben hier die Bise, aber auch den Wetterwind.» Nicht ganz nebensächlich, denn Wüthrich erstellt hier eine Windkraftanlage. Speziell daran: die neue 3D-Technologie des Produkts Vayu, entwickelt von der Firma 3D Wind AG in Muri bei Bern. Acht Rotorenblätter drehen sich um den Mast sowie um sich selber. Darauf aufmerksam geworden sei er durch einen Artikel in einer Fachzeitschrift, bei der Suche nach einer Alternative zu den Photovoltaik-Anlagen. «Wir wollen», wirft seine Frau Larissa Wüthrich ein, «saubere Energie mit möglichst umwelt- und ressourcenschonend hergestellten Produkten.» Die Standardprodukte aus China, hergestellt mit seltenen Erden unter oft zweifelhaften Bedingungen, seien ihnen ein Dorn im Auge.


Strom für zwei Haushalte

Mit der Windkraftanlage, erläutert Wüthrich, könnten sie künftig den Strombedarf für die eigene Familie sowie für seine Eltern, die im unteren Stockwerk wohnen, decken. Vorab durchgeführte Windanalysen der Herstellerfirma hätten ein Strompotenzial von rund 5400 Kilowattstunden pro Jahr aufgezeigt. Dazu genüge eine durchschnittliche Windstärke von drei bis vier Metern pro Sekunde. Und die Lärmbelastung der vier Meter breiten Windräder aus Carbon sei mit 40 Dezibel, direkt bei der Anlage gemessen, eher gering.

Die Energie der Sonne werden die Wüthrichs auch nutzen: Der zehn Meter hohe Mast werde mit Solarpanels, hergestellt in der EU, bestückt, ergänzt fügt Larissa Wüthrich.


Keine Siliziumbatterien aus China

Läuft alles wie geplant, soll die Anlage spätestens Ende Jahr in Betrieb genommen werden. Insgesamt wendet die Familie Wüthrich knapp 40´000 Franken auf. Darin inbegriffen seien die zusätzlichen Solarpanels sowie der Wechselrichter. Nein, die Batteriespeicher seien in diesem Preis nicht enthalten. «Aber auch hier machen wir uns schlau, wollen über den Tellerrand hinausschauen», sagt Bernhard Wüthrich. Herkömmliche, in China produzierte Batterien auf Siliziumbasis, seien für sie kein Thema. Eine Möglichkeit wären aus ihrer Sicht Salzbatterie-Speicher. Sie hätten da schon einen Produzenten in der Schweiz im Auge.


Hält die Technik, was sie verspricht?

In ihrer schriftlichen Antwort auf die Fragen der «Wochen-Zeitung» bleibt die Herstellerfirma 3D Wind etwas unverbindlich. Sie verweist hauptsächlich auf die Vorteile dieser Neuentwicklung. Vayu sei die erste Windmühle, welche die Vorteile des Auftriebs- und Widerstandstyps, ohne die Nachteile beider, in einem einzigartigen 3D-Windtechnologiesystem vereine. Die lautlose und harmonische Bewegung der Rotorenblätter, die zudem weder Ultra- noch Infraschall aussende, sei für Tiere weder verletzend noch irritierend. 

Die Anlage – der Hersteller empfiehlt eine Masthöhe zwischen vier bis zwölf Metern – bestehe aus acht Flügeln aus Carbon, von je maximal 1,5 Quadratmetern Fläche. Seltene Erden würden keine verwendet. Die Installation, ausgelegt für eine Windgeschwindigkeit bis zu 100 Stundenkilometer, könne zudem mit Solarpanels kombiniert werden. Und nicht zuletzt sei der Rotor dank seiner Libellenflügel-Form auch optisch schön anzusehen.


Die Wissenschafterin ist skeptisch

Sie kenne sich zwar mit dieser spe­zifischen 3D-Technologie von Vayu nicht im Detail aus, räumt Sarah Barber, Fachbereichsleiterin Wind Energy Innovation an der Ostschweizer Fachhochschule, ein. «Ich kann aber schon sagen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Effizienz deutlich besser ist als ein herkömmlicher Dreiblattrotor mit horizontaler Drehachse, sehr gering ist.» Denn die Stromproduktion von Windenergieanlagen skaliere nicht linear mit deren Grösse. Die Leistung sei proportional zur Windgeschwindigkeit in Kubik und zur Rotorblattlänge im Quadrat. «Es gibt viele Leute, die versuchten, das (Wind)rad neu zu erfinden», meint Barber. Irgendwann merkten sie dann, dass die physikalischen Gesetze doch stimmten. Die jetzigen Dreiblattrotoren mit horizontaler Drehachse seien nun mal die beste Lösung – aus Sicht der Kosten, der aerodynamischen Effizienz und der Zuverlässigkeit. Daran werde seit 200 Jahren geforscht, und es gebe keinen Grund, nicht daran zu glauben.


Autark leben als Vision

Und obwohl die Baubewilligung noch nicht vorliegt; die Familie Wüthrich ist zuversichtlich und freut sich auf den ersten windproduzierten Strom. Sie hätten die Vision, schliesst Larissa Wüthrich, eines Tages autark zu sein – mit dem Wasser aus eigener Quelle, Brennholz aus dem eigenen Wald, Strom aus Sonne und Wind. «Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, unserem Sohn Felix eine intakte Umwelt zu hinterlassen.»

25.01.2024 :: Daniel Schweizer (sdl)