Ein Openair ohne Kommerz und Müllberge

Ein Openair ohne Kommerz und Müllberge
Signau: Jeden Sommer findet ein Feuerfest statt — dieses Jahr lockte ”Sunnebrand“ gut tausend Gäste auf den Rainsberg. Es ging nicht um Konsum; Geld hatte hier keinen Wert.

Mitte Juli verkauft der Coop Signau besonders viel Biogemüse und Vollkornprodukte und die Kundschaft erweitert sich um junge und junggebliebene Leute, die ein Ziel haben: Das Feuerfest auf dem Rainsberg ob Signau mit seinen wechselnden Namen wie «Liechterlooh» oder «Füürwärts». Dahinter stehen die Leute vom Verein Weltenbaum, der auch das Freak-Festival «Out in the Kraut» Ende Juli im Schangnau organisiert. Das Areal mit temporärem Tipi-Dorf ist eine Woche lang Plattform für Künste, Denkfabrik und Spielplatz jenseits von Müll-Lawinen und Kommerz. Geld hat auf dem Gelände keinen Wert. Hier wird getauscht und verschenkt. Wer grad Zeit hat, hilft beim Rüebli rüsten, damit die Rumpelküche alle Gäste verpflegen kann.

Eine Welt ohne Plastik und Metall
ökologie und das friedliche Zusammenleben sorgen dafür, dass niemandem etwas fehlt. Durch die Eigeninitiative und Selbstverantwortung der Besucherinnen und Besucher entsteht eine besondere Atmosphäre für Erwachsene und Kinder, nach dem Motto: «Sei, was du schon immer sein wolltest. Sei das beste Selbst, welches du dir vorstellen kannst.»
So wurde das Festival auch diesmal zu Freiluftgalerie, Ausstellung und Karneval in einem. Die Veranstalter stellten nur eine leere Wiese, Toiletten, Trinkwasser, Holz und ein paar Regeln zur Verfügung. Es lag an den Teilnehmenden, ihre Bauten und Projekte Tag für Tag wachsen zu lassen — sieben Tage lang eine kuriose Welt ohne Plastik und Metall. Wer das Gelände verlässt, nimmt seinen Abfall mit — so bleiben von über 1000 Gästen nur ein paar Kilo Müll übrig. Obwohl der Regen während der Woche die Wiesen verschlammte, werden dank der Natur auf dem Gelände kaum Spuren übrig bleiben.
Nass war es in den ersten Tagen des Festes, eine Herausforderung fürs Zelten und den Bau von Bühnen, Infrastruktur und Skulpturen aus Holz. Doch das Wetter zeigte am Samstagabend seine sommerliche Seite. Im grossen Zelt stimmte «Katze Steffan und das Lügenorkestar» mit hinreissenden Balkanklängen das tanzverrückte Volk auf den Abend ein. Dann wurde der Abend heiss, denn die zahlreichen Holzaufbauten gingen in Flammen auf: Es verbrannten überdimensionierte Gestalten ebenso wie der Aussichtsturm.

Heiser von tiefgründigen Gesprächen

Ein Mann in Fliegermontur schleift einen Plüschhund an einer Leine hinter sich her: Wie der Hund denn heisse, wird er gefragt. Der habe keinen Namen, brauche er auch nicht, denn er sei tot, ist die Antwort. Dafür ist der Typ im Pandakostüm um so lebendiger und ein Narr auf einem hohen Balken feixt in die Menge. Eine Frau ist heiser von vielen tiefgründigen Gesprächen. Da brutzelt ein Ragout in einer grossen Pfanne, hier gibts Kaffee und von der Schenke tönen Hörner und lebhaftes Stimmengewirr. Kinder spielen Tischfussball oder stochern in der Glut eines Lagerfeuers.
Die Atmosphäre ist kuschelig, leicht bierselig und total entspannt. Dort züngeln wieder mächtige Flammen in die Höhe, die in der kühlen Nacht willkommene Wärme abstrahlen, und «Marama Tribe» beginnt mit Sackpfeife und Trommeln zu spielen, bis alle tanzen. Die rollenden Rhythmen werden eins mit dem «Sunnebrand» und lassen nochmals den Herzschlag des Festivals spüren.
21.07.2016 :: Christina Burghagen (cbs)