Bauern würden, wenn sie könnten

Landwirtschaft: Auf der einen Seite fordern Bauern höhere Preise. Andererseits gewähren sie ihren Angestellten nicht einmal den Teuerungsausgleich. Wie passt das zusammen?

Mit Traktoren veranstalten Landwirte in der ganzen Schweiz Mahnwachen. Sie fordern weniger Bürokratie, mehr Wertschätzung und höhere Preise. Weit weniger Aufmerksamkeit erregten die Lohnverhandlungen zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden (siehe Hauptartikel). Die Angestellten verlangten unter anderem eine Lohnerhöhung von 2,5 Prozent. Sie kamen nicht durch. Denken die Bauern nur ans eigene Portemonnaie? Nein, sagt Sandra Helfenstein, Mediensprecherin des Schweizerische Bauernverbands (SBV). «Die Bäuerinnen und Bauern würden gerne höhere Löhne bezahlen, wenn sie die finanziellen Möglichkeiten hätten.» Bei der letzten Verhandlungsrunde im November 2023 habe man sozialpartnerschaftlich beschlossen, dass der monatliche Minimallohn um 35 auf 3420 Franken angepasst werde. Das entspreche einer Erhöhung um ein Prozent. Für 2023 sei der Minimallohn um 65 Franken auf 3385 Franken erhöht worden (plus 1,96 Prozent). Auch bei den anderen Lohnklassen seien ähnliche Verbes­serungen vorgenommen worden, so Helfenstein. Die momentane Marktsituation mit steigenden Produktionskosten und sinkenden Preisen sei für die Bauernfamilien sehr schwierig, was sich auch in den Protesten zeige.


Und der Fachkräftemangel?

Dass in der Landwirtschaft Fachkräftemangel herrscht, bestätigt die SBV-Mediensprecherin. Es sei schwierig geworden, offene Stellen zu besetzen, und zwar auf allen Stufen. Und wie gedenkt man, dem entgegenzuwirken, wenn höhere Löhne nicht möglich sind? Neben dem Lohn gebe es andere, gewichtige Argumente fürs Arbeiten in der Landwirtschaft: sinn­stiftende Tätigkeiten (produzieren von Lebensmitteln), Arbeiten in der Natur mit Pflanzen und Tieren, oft ein sehr kurzer Arbeitsweg. «Wir würden es sehr begrüssen, wenn es möglich wäre, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dazu benötigen die Landwirte jedoch zuerst einmal eine Verbesserung ihrer eigenen finanziellen Situation, damit die höheren Personalkosten finanzierbar sind.»

04.04.2024 :: Silvia Wullschläger (sws)