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Die unbefleckte Maria

Heute ist der Feiertag der Unbefleckten Empfängnis Marias. Dieses Fest verstehe ich als Reformierter nicht, das gebe ich zu. Ich beobachte nur, dass an diesem Tag auffällig viele Autos mit Luzerner Kennzeichen auf dem Parkplatz von Berger Sport in Konolfingen stehen und die Läden in der Stadt Bern überdurchschnittlich von Freiburgerinnen und Freiburgern frequentiert werden. Hinter diesem Fest, das erst 1854 eingeführt wurde, steht das Interesse, aus Maria, der ­Gottesmutter, eine Göttin zu machen. Ihre Mutter soll sie – nach dem päpstlichen Dogma – ohne Erbsünde empfangen haben und sie soll ihr Leben lang ohne Sünde geblieben sein. Im Sinne der Gleichberechtigung neben dem männlichen Christus eine ebenbürtige weibliche Figur zu haben, ist zwar ein hehres Anliegen, aber daran hat man 1854 sicher noch nicht gedacht. 

Und heute fragen sich auch ­Katholikinnen und Katholiken im Ernst, weshalb man aus ­diesem Thema eine so wichtige Sache machte.

Für mich ist diese Geschichte ein Beispiel dafür, wie viel ­Unsinn entsteht, wenn man Glauben logisch erklären und juristisch absichern will. Man möchte Gewissheit haben, aber die gibt es nicht. Was mir mehr hilft, ist die Geschichte, wie der Engel Maria ihre Schwangerschaft ankündigte und sie nach erster Bestürzung sagte: Ja, ich will. Und es

dann wagte, einen Weg zu gehen, dessen Ende sie nicht ahnen konnte. Dem kann wohl jede werdende Mutter nach­fühlen. 

Glauben ist eine Geschichte mit offenem Ausgang. Das Leben hat zu viele Kurven, als dass man sagen könnte, es sei vorprogrammiert. Und da liegt zu viel Dreck auf unseren Wegen, als dass Unbeflecktheit ein Ziel sein könnte. Glauben heisst, mit dem zu leben, in Verantwortung und ständiger Auseinandersetzung und der Bereitschaft, Fehler einzuge­stehen und zu verzeihen. 

Und dabei nicht zu wissen, sondern zu vertrauen.

08.12.2022 :: Samuel Burger