Mehr Lektionen und weniger Hausaufgaben mit dem Lehrplan 21

Mehr Lektionen und weniger  Hausaufgaben mit dem Lehrplan 21
Schule: Im Kanton Bern gilt ab August vom Kindergarten bis zur 7. Klasse der Lehrplan 21. Mehr Lektionen, weniger Hausaufgaben, neue Fächer und Bezeichnungen sind Stichworte dazu.

Schon viel wurde über den Lehrplan 21 diskutiert, argumentiert und geschrieben; oft wurde er kritisiert und in manchen Kantonen – so auch in Bern – kam es zu Initiativen gegen dessen Einführung: Sie scheiterten alle an der Urne. Nun ist es so weit, der neue Lehrplan tritt im Kanton Bern ab dem neuen Schuljahr vom Kindergarten bis zur 7. Klasse in Kraft. Die Lehrpersonen haben sich in Weiterbildungen darauf vorbereitet, nun werden in vielen Gemeinden die Eltern und Schüler informiert, was anders wird. So auch in Affoltern, wo die Schulleitung am 7. Mai zu einem Elternabend einlädt. Schulleiterin Katharina Hasler hat die wichtigsten änderungen zusammengetragen.



Medien zielgerichtet nutzen 

Alle müssten sich an neue Bezeichnungen gewöhnen, erklärt Hasler. So gibt es keine Schulstufenbezeichnungen mehr, sondern Zyklen. Der erste umfasst den Kindergarten bis und mit 2. Klasse, der zweite die 3. bis 6. Klasse und der letzte die heutige Oberstufe. Das Fach Natur–Mensch–Mitwelt (NMM) heisst neu Natur–Mensch–Gesellschaft (NMG). In der Oberstufe werde dieses Fach in vier Bereiche aufgeteilt, erklärt Katharina Hasler. Einer davon heisst Wirtschaft–Arbeit–Haushalt, zu dem die heutige Hauswirtschaft gehört. «Für das Kochen stehen in der 8. Klasse neu nur noch zwei statt vier Lektionen zur Verfügung.» Dafür würden andere Themen, welche den Alltag der Jugendlichen tangierten, eingebaut, etwa der Umgang mit Geld oder was ein Arbeitsvertrag beinhaltet. Neu sei das Fach Medien und Informatik, das in der 5., 6., 7. und 9. Klasse unterrichtet wird, führt Katharina Hasler aus. Es gehe darum, Grundkenntnisse der Informatik zu verstehen, Programme anzuwenden und Medien zielgerichtet einzusetzen. Thematisiert würden auch Risiken und Gefahren im Internet sowie Datenschutz und Urheberrecht. «Die Schülerinnen und Schüler sollen einen verantwortungsvollen Umgang mit den Medien lernen.» Technisch aufrüsten wegen des neuen Lehrplans müsse die Schule Affoltern vorläufig nicht.

Der Lehrplan 21 bringt mehr Wochenlektionen mit sich, je nach Klasse sind es bis zu vier Lektionen. «Weil wir uns entschieden haben, bei 38 Schulwochen zu bleiben und die Ferienwoche im November beizubehalten, haben unsere Schülerinnen und Schüler der 1. bis 6. Klasse noch eine zusätzliche Lektion mehr Unterricht pro Woche», erklärt Katharina Hasler. Als Ausgleich sieht der neue Lehrplan generell weniger Hausaufgaben vor. Die Richtwerte der kantonalen Erziehungsdirektion gehen im ersten Zyklus von 30 Minuten pro Woche aus, im zweiten von 45 und im letzten von 90 Minuten.



Erfahrungen im Kanton Luzern

Katharina Hasler finde den Lehrplan 21 eine gute Sache. «Er gibt neue Impulse, ohne dass der ganze Schulbetrieb auf den Kopf gestellt würde.» Dies kann Lukas Meyer, Schulleiter der 3. bis 6. Klasse in Schüpfheim, bestätigen. Im Kanton Luzern wurde der Lehrplan 21 bis zur 5. Klasse bereits im letzten Sommer eingeführt. Der Start sei gut verlaufen, sagt Meyer, die Rückmeldungen der Lehrkräfte positiv. Herausfordernd sei die Beurteilung der Kompetenzen. «Wie kann geprüft werden, ob der Schüler die Fähigkeit hat, sein Wissen auch anzuwenden? Mit dieser Frage müssen wir uns noch vertieft auseinandersetzen.»

Chance, den Unterricht weiterzuentwickeln
Was sind die Chancen des neuen Lehrplans aus Sicht der Erziehungsdirektion? Der Kanton Bern könne im Vergleich zu anderen Kantonen aufholen, indem die Lektionenzahl vor allem in den Mint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zunehme, sagt Erwin Sommer, Vorsteher des Amts für Kindergarten und Volksschule. Positiv in Bezug auf die Integration von fremdsprachigen Kindern sei die zusätzliche Deutschlektion in der ersten Klasse. Weiter könnten die 8.- und 9.-Klässler von der individuellen Förderung im Hinblick auf die Berufswahl profitieren. Hierzu stehen drei Wochenlektionen für Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen zur Verfügung.  Seitens der Lehrkräfte erachtet es Erwin Sommer als Chance, «den eigenen Unterricht zu überprüfen und weiterzuentwickeln, ohne alles Bisherige über Bord werfen zu müssen». Gross geschrieben wird die Kompetenzorientierung. Die Schülerinnen und Schüler sollen nicht nur Wissen erwerben, sondern dieses auch fächerübergreifend anwenden können.  

Lehrplan für 21 Kantone Der Lehrplan 21 heisst so, weil er für alle 21 deutsch- und mehrsprachigen Kantone der Schweiz gilt. Das hat für Familien den Vorteil, dass sich die Kinder bei einem Umzug in einen anderen Kanton schneller in der neuen Schule zurechtfinden. Zudem können Lehrmittel gemeinsam entwickelt werden, was Kosten spart. Die Kantone haben die Möglichkeit, den Lehrplan ihren Bedürfnissen anzupassen, etwa beim Fremdsprachenunterricht (Frühfranzösisch oder -englisch).

03.05.2018 :: Silvia Wullschläger (sws)