Das Flachs-Brechen war harte Arbeit
Immer an der Brächete, am letzten Mittwoch im September, verwandelt sich Zäziwil in ein Festgelände. Ab dem Kreisel reihen sich Markstand an Markstand; kurz nach zehn ist ein rasches Durchkommen schwierig. Auf dem Festgelände bei der Turnhalle werden die Besucher vom Duft des Flachses, der auf einem Feuer geröstet wird, empfangen. «Es ist wichtig, dass der Flachs richtig trocken ist, damit er gut gebrochen werden kann», erklärt OK-Präsident Eduard Häni. Um den Vorgang des Brechens zu erleichtern, werden die Stängel zwischen zwei hölzernen Walzen vorgebrochen. «Das eigentliche Brechen ist harte Arbeit. Die Bündel werden solange bearbeitet, bis sich die Holzstücke aus den Fasern gelöst haben.» An einem der Brechböcke steht Patricia Reber. «Das Brechen macht mir Spass. Obwohl ich nun schon das dritte Mal dabei bin, merke ich, wie viel es noch über die Flachsverarbeitung zu lernen gibt», sagt die junge Frau und lässt die hölzerne Klappe immer wieder niedersausen. Den Besuchern wird an der Brächete jeder Arbeitsschritt von der Aussaat bis zum Weben von Leinenstoff vorgestellt. In der Turnhalle können Kleider, Tisch- und Bettdecken oder ganze Trachten aus Leinen bestaunt und gekauft werden.
Annarös Poschung zieht die Pflanzenfasern durch den Hechelkamm. «Hier werden die letzten verbleibenden Holzreste entfernt. Die Faser wird ganz fein», sagt sie. Tatsächlich fühlt sich die Faser nach dem Hecheln an wie Haar. Der gereinigte Flachs dreht sie zu Rist-Bündeln, die so gelagert werden, bis sie später versponnen werden. «Bei der Flachsverarbeitung wurde nichts verschwendet. Aus dem Material, welches in den Hechelkämmen zurück blieb, wurde Isolationsmaterial für Wasserleitungen und Häuser gemacht.» Auch die Rückstände des Brechens, die Schäben, wurden genutzt. Die Metzger verwendeten sie zum Räuchern von Würsten. Einst traf man sich an der Brächete, um die Arbeit gemeinsam zu erledigen. Am Abend gab es ein «Brächere Brönnts», ein gezuckerter und gewürzter Branntwein, und man setzte sich zusammen. Es wurde genau beobachtet, wer mit wem liebäugelte und welcher Junggeselle welchem Mädchen später das Spinnrad heimtrug. Heute ist die Brächete Zäziwil ein Fest, das Besucher von weither anlockt.
In einer losen Serie berichten wir über den Flachsanbau, die Ernte und die Verarbeitung zu Leinen.
06.10.2016 :: Veruschka Jonutis (vjo)