Das «Rössli» Schüpbach geht zu – aus dem Gasthof werden Wohnungen
Schüpbach: Bald wird das obere Emmental um zwei traditionsreiche Gasthäuser ärmer sein. Das »Rössli» in Schüpbach und das »Bori» in Signau werden schliessen.
In gut einem Monat werden Verena und Alfred Gerber-Schmutz im «Rössli» keine Gäste mehr bewirten. «Aus Altersgründen, und weil keines unserer Kinder Interesse an der Weiterführung des Betriebeshat», begründet Verena Gerber diesen Schritt. Zudem seien sie in der glücklichen Lage, einen Käufer für die Liegenschaft gefunden zu haben. Verena Gerber hatte das «Rössli» von ihren Eltern übernommen und dieses nun während 34 Jahren geführt. Ihr Ehemann Alfred Gerber, Unternehmensberater und ehemaliger Geschäftsführer der Region Oberes Emmental, unterstützte sie bei administrativen Arbeiten sowie in Stosszeiten und an Wochenenden.«Nach so vielen Jahren im Gastgewerbe freue ich mich nun auf einen neuen Lebensabschnitt», sagt Verena Gerber. Letztmals geöffnet ist das «Rössli» Schüpbach am 18. März.
Wohnungen statt Gasthof
Während im «Bori» Signau (siehe Kasten) noch die Hoffnung besteht, dass der Gasthof als solcher bestehen bleibt, scheint für das «Rössli» Schüpbach das Aus besiegelt zu sein. Verena und Alfred Gerber haben es an die Hofer AG, Bauunternehmung in Oberthal verkauft. Diese hat mit der Liegenschaft und dem rund 3500 Quadratmeter umliegenden Land andere Pläne. «Es ist vorgesehen, dass wir Wohnungen bauen werden», sagt der Firmenchef Rolf Hofer. Die Grundidee ist, dass das Bauunternehmen dort Raum für altersgerechtes Wohnen schaffen würde. «Denn wir gehen davon aus, dass Seniorenwohnungen, verbunden mit entsprechenden Angeboten wie Mahlzeitendienst oder allenfalls leichte Betreuung, in Zukunft immer mehr gefragt sind. Für viele werden solche Wohnformen eine Alternative zum Altersheim sein», ist Hofer überzeugt. Konkrete Pläne könne er noch nicht vorlegen. Um diese Idee umsetzen zu können,müssten sie eine Institution finden, welche die Wohnungen übernehmen und an Senioren vermieten würde. «Derzeit sind wir mit Interessenten im Gespräch. Noch ist aber nichts entschieden.» Kann das Projekt nicht nach den Vorstellungen der Baufirma realisiert werden, wirds wohl gewöhnliche Wohnungen geben. Je nach Baudichte rechnet Rolf Hofer damit, dass im «Rössli» fünf bis sechs Wohnungen entstehen könnten, im Mehrfamilienhaus auf dem Land daneben neun bis zehn Wohnungen.
Wird im Gasthof «Bori» weiter gewirtet?
Wie die Gerbers das «Rössli» in Schüpbach wird auch die Familie Röthlisberger ihren Gasthof Schlossberg «Bori» an der Umfahrungsstrasse zwischen Bowil und Signau schliessen. Ebenfalls aus Altersgründen der Besitzerin Lotti Röthlisberger. «Der Auslöser für den Entschluss war der Tod meines Mannes vor knapp zwei Jahren», sagt sie. Sowohl ihre Tochter als auch ihr Sohn haben eine gastgewerbliche Ausbildung absolviert und wären qualifiziert, den Gasthof weiterzuführen. Zurzeit arbeiten beide im Betrieb mit. Jedoch hätten sie andere berufliche Pläne als das «Bori» zu übernehmen, sagt die ??-jährige Wirtin.
Käufer gesucht
Ende Juni wird Lotti Röthlisberger einen Schlussstrich ziehen und den Gasthof schliessen. Noch sucht sie einen Käufer. «Als Pächter haben sich mehrere Interessenten gemeldet, aber wenn ich schon aufhöre, will ich die Liegenschaft verkaufen und mich dann nicht mehr darum kümmern müssen.» Sie hofft, dass sich jemand als Käufer finden lässt, der das «Bori» als Gastgewerbebetrieb weiterführen wird.
Bis Lotti Röthlisberger den Betrieb verkauft hat, will sie dort wohnen bleiben. Die zwölf Zimmer, die sie vornehmlich an Saisoniers vermietet, werde sie diesen weiterhin anbieten, solange das «Bori» noch ihr gehöre, stellt sie in Aussicht.
Von der Kostgeberei zum Gasthof
Der Gasthof, welcher auf Bowiler Boden steht aber laut Adresse zu Signau gehört, hat eine lange Tradition. Zu seinem Namen kam er, weil dort einst die Handwerker mit Tünchelbohrern aus Holzstämmen Rohre für Wasserleitungen anfertigten. Zu dieser Zeit wurde das Haus Bohrerhüsi genannt.
1864, als die Bahnlinie Bern-Luzern gebaut wurde, entstand im Bohrerhüsi die «Kostgeberei zur Eisenbahn». 1941 ging die Wirtschaft an die Eltern von Lotti Röthlisberger, an Hans und Frieda Habegger, über. Seit dem Wiederaufbau nach einem Brand 1962 wurde aus dem «Bori» offiziell der Gasthof Schlossberg. Hans und Lotti Röthlisberger übernahmen den Betrieb 1974. Eine besondere Zeit erlebten sie Ende der 70er Jahre, als die Umfahrungsstrasse gebaut wurde. «Während der Bauzeit hatten wir mittags jeweils volles Haus. Nachher brach der Umsatz auf ein bedrohlich tiefes Niveau ein. Die Leute fanden uns nicht mehr», erinnert sich Lotti Röthlisberger. Doch schon nach einem halben Jahr hätten die Gäste zurückgefunden. Heute arbeiten 16 Personen im Betrieb mit, die meisten von ihnen in Teilzeitpensen.
14.02.2013 :: Jakob Hofstetter (jhk)