Mit Vorträgen werden nebst den Beinen auch die Köpfe gefordert: Hier von Förster Fritz Salzmann. / Bild: Laura Fehlmann (lfc)
Schangnau: Im Juli organisieren die Schweizer Wanderwege Wandernächte. Diejenige von Schangnau Tourismus führte auf einen abendlichen Spaziergang rund um das Kemmeribodenbad.
Rund 50 Personen starten beim Kemmeribodenbad zur Nacht- oder eher Nachmittags-Abendwanderung auf dem Rundweg im Grenzgebiet Schangnau, Flüeli und Habkern. Solche Veranstaltungen finden im Rahmen der Wandernächte im ganzen Land statt. Das Ziel der Aktion der Schweizer Wanderwege ist, Berge, Felder und Wälder in der Ruhe der Dämmerung oder sogar nachts erleben zu können und dabei Neues zu entdecken, was tagsüber unbemerkt bleibt.
Um wandernd mehr über den Schutzwald und das Wildbanngebiet zu erfahren, treffen die Wanderfreudigen am späten Nachmittag beim Kemmeribodenbad ein. Es ist noch hell und heiss. Esther Gfeller, Präsidentin von Schangnau Tourismus, begrüsst und kündet den ersten Referenten an; Revierförster Fritz Salzmann.
Wichtiger Schutzwald
Die Gruppe startet Richtung Schwendiberg. Imposant erhebt sich links die Schrattenfluh, rechterhand das Hohgantmassiv, unterhalb der Felsen eingefasst von dichtem Wald. Am steilen Hang stehen Fichten und Buchen, ein Schutzwald, vorwiegend in Privatbesitz, und gemäss Salzmann «ein sehr wichtiger Schutzwald der Waldabteilung Voralpen». Mit Blick auf den Schutzwald bleibt die Gruppe stehen und hört dem Förster zu, dem jede Ecke und jeder Baum des Schutzwaldes vertraut zu sein scheint. «Hier ist mein Arbeitsgebiet», sagt er und erklärt, dass hier in den letzten zehn Jahren zirka 4000 Kubikmeter Holz gewonnen wurden. Demnächst seien alle Bäume gezeichnet, die im kommenden Winter gefällt werden sollen. An diesem Schattenhang wachsen sie langsam, ihr Holz ist hochwertig und deshalb bei Musikinstrumentenbauern begehrt.
Der Schutzwald schützt vor Naturgefahren wie Sturm, Rutschungen, Lawinen und Muren. «Deshalb muss er gepflegt werden», sagt Salzmann. Gegenspieler sind die Hirsche, die zur Brunstzeit in grossen Herden erscheinen und sich gerne an frisch gepflanzten Bäumchen gütlich tun. Diese sind deshalb eingezäunt – was wiederum viel Mehrarbeit bedeutet.
Gegen das Hochwasser, welches Anfang 2022 im und rund um das Kemmeribodenbad grosse Schäden anrichtete, hilft so ein Wald jedoch wenig. Esther Gfeller erinnert sich, als ob es gestern gewesen wäre, wie ein Sturm sie auf dem Weg zur Alp Tannisboden überraschte, es wie aus Kübeln goss und die junge Emme samt ihren Zuflüssen zu einer reissenden Flut wurde.
Im Jagdbanngebiet
Je höher die Wandergruppe steigt, umso besser ist die Sicht auf den Schutzwald und der Blick auf das Gebirge rund um das Tannhorn, nach dem das Jagdbanngebiet darum herum benannt ist. Es ist ein Schutzgebiet für Wildtiere in der Region Schangnau und Flühli im Kanton Luzern, ein «Rückzugsort für Wildtiere, insbesondere Hirsche», wie die zweite Referentin, die Wildhüterin Heidi Vogler, erklärt. In diesen Jagdbannbezirken dürfen nur Wildhüter gezielt jagen.
Da es immer noch sonnig und hell ist und sich die grosse Gruppe plaudernd durch die Gegend bewegt, ist natürlich kein Tier zu sehen. Deshalb zeigt Heidi Vogler Fotos von Wildtieren, die in diesem Gebiet mit Hilfe von Fotofallen entstanden sind: Ein Luchs, ein Wolf, Steinböcke, Auerhuhn und -hahn sowie Alpenschneehühner, die hoch oben beim Brienzergrat leben.
Nach gut zwei Stunden beginnt beim Brätliplatz Twellmann der gemütliche Teil. Die Sonne ist verschwunden, neben der rauschenden Emme wird es kühl. Die Frauen von Schangnau Tourismus laden zum Imbiss ein, danach geht es über die kürzlich eingeweihten Hängebrücken entlang des Flusses zurück zum Ausgangspunkt.