«Retrofit» statt «Projekt Zukunft»: Bergbahnen brauchen neue Ideen

«Retrofit» statt «Projekt Zukunft»: Bergbahnen brauchen neue Ideen
Sörenberg: Am Samstag fand die Generalversammlung der Bergbahnen Sörenberg AG statt. Im Zentrum standen die Zukunft des gestoppten Bauprojekts und die Wahl eines neuen Präsidenten.

Ende Juni dieses Jahres hat der Verwaltungsrat beschlossen, das Projekt Rothorn-Ost zu sistieren und damit auf den Bau einer neuen Achter-Gondelbahn vom Tal auf das Rothorn und eines neuen Restaurants bei deren Bergstation zu verzichten. Aufgrund dieses Entscheides hat der langjährige Verwaltungsratspräsident Fredy Portmann seinen Rücktritt erklärt. Gespannt warteten die 341 anwesenden Aktionärinnen und Aktionäre auf das, was nicht auf der Traktandenliste stand, nämlich Informationen zur neuen Strategie des Verwaltungsrates in Bezug auf das Rothorn-Projekt.



«Vertretbare Investitionen»

Bereits in seinen Erläuterungen zum Geschäftsbericht redete Fredy Portmann Klartext. Nach seinen «umfassenden und vorsichtigen Berechnungen» wäre das aufgegleiste Projekt – er nannte es «Projekt Zukunft» – tragbar gewesen. «Mit der Realisierung wäre die Erschliessung des Gebiets Eisee optimal gelöst, die nahezu 50-jährige Pendelbahn aufs Rothorn und die beiden nicht rentierenden Restaurants ersetzt und ein zusammenhängendes Skigebiet geschaffen worden», begründete er seine Haltung. «Mit dem Entscheid und der neuen Strategie des Verwaltungsrates werden nun gegen zehn Millionen Franken in eine veraltete Infrastruktur gesteckt, ohne eine einzige Verbesserung für den Gast zu erhalten», fügte er hinzu. Nach seiner Beurteilung habe der Verwaltungsrat nach zehn Jahren intensiver Gespräche und Planungsarbeit zu schnell die Strategie geändert und das weitsichtige und finanziell abgesicherte Projekt zum «Projekt mutlos» werden lassen.

Angesichts der Tragweite des Verwaltungsratsentscheides war es erstaunlich, dass während der ganzen GV keine einzige Wortmeldung von Seiten der Aktionärinnen oder Aktionäre erfolgte. Es wurden sämtliche Traktanden – der Jahresbericht, die Jahresrechnung, die Verwendung des Bilanzgewinns sowie die Entlastung des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung – ohne Gegenstimmen genehmigt. Einzig bei der Wahl des neuen Verwaltungsratspräsidenten gab es einzelne Gegenstimmen.



«Haben keine Krach im VR»

«Das isch nid eifach für ihn», meinte ein älterer Herr zu seiner Frau am Nebentisch, als der neugewählte VR-Präsident Theo Schnider ans Mikrofon trat. «Luege mir füre, mir wei besser wärde.» Mit diesen Worten begann Schnider seine Antrittsrede und hängte gleich an: «Nein, wir haben keinen Krach im Verwaltungsrat und sind voll motiviert, unser Bestes zu geben.» Zum Verzicht auf die Ausbauvariante führte er drei Hauptgründe ins Feld: Erstens die massive, sich jährlich erhöhende Mittelbindung, zweitens die unkalkulierbare zeitliche Verzögerung und drittens die beschleunigte Veränderung am Markt. «Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern und einen anderen Kurs einzuschlagen, als an einem Projekt festzuhalten», hielt Theo Schnider fest. Gefragt sei nicht eine möglichst verrückte und kühne, sondern eine nachhaltige und alternative Strategie – ein Retrofit-Projekt Rothorn (siehe Kasten).

Dem Rothorn komme im Gesamtkontext zunehmend auch grosse strategische Bedeutung für den Sommertourismus zu.



Schneesport stagniert in Sörenberg

In den letzten Jahren habe der kapitalintensive Schneesport stagniert und es sei unabdingbar, die Angebote zu einem Ganzjahreserlebnis weiterzuentwickeln. «Die Herausforderung wird darum sein, die richtigen, kundenorientierten und verkraftbaren Investitionen auf eine realistische Zeitachse zu legen», sagte Schnider, der auch Direktor der Unesco Biosphäre Entlebuch ist.

Gleichzeitig müsse es für die Berg- und Skiregionen das Ziel sein, noch stärker über das gesamte Leistungszentrum wie Bahn, Gastronomie, Beherbergung zusammenzuarbeiten und dies vorteilhaft über die eigene Destination hinaus. Und es gelte auch, nicht nur in die Bahninfrastruktur zu investieren, sondern auch den Team-Spirit auf allen Stufen der Unternehmung zu fördern.



Fredy Portmanns grosses Engagement

Für die Versammlungsteilnehmer ein besonderer Moment war die Verabschiedung des scheidenden Präsidenten Fredy Portmann. Wie Vize Marc Unternährer berichtete, hat Portmann die Gesellschaft während 20 Jahren präsidiert. In dieser Zeit habe er strukturell, organisatorisch und baulich vieles verändert. Immer habe er die Interessen der Bergbahnen vor seine beruflichen und persönlichen Interessen gestellt und habe «einen unendlich grossen Fussabdruck» hinterlassen. Als Abschiedsgeschenk überreichte er ihm – wie

«Retrofit-Rothorn»: So geht es weiter
• Die Bautätigkeiten der 1. Etappe von Rothorn-Ost werden bis Ende Jahr abgeschlossen. • Die neue Beschneiungsanlage Eisee-Talstation Schönenboden und die neue Pistenführung werden auf die kommende Saison hin in Betrieb genommen. • Der Verbindungsbügellift Habch-
egg wird ebenfalls seinen Betrieb aufnehmen. • Auf die Ausführung der 2. Etappe Rothorn-Ost wird verzichtet. Das heisst auch: Es wird keine Vierer--Sesselbahn Witmoos–Witenlauenen erstellt.  • Lösungsvarianten für die Konzessionserneuerung der Pendelbahn Schönenboden–Rothorn am selben Standort werden erarbeitet.  • Das bestehende Gipfelrestaurant bleibt erhalten.  • Investitionen in das bestehende Gipfelrestaurant und die Tunnel-verbindung werden geprüft. 
20.09.2018 :: Max Sterchi (mss)