Spannende Geschichten aus 500 Jahren

Spannende Geschichten aus 500 Jahren
Grosse Familien waren im Emmental verbreitet – Armut auch. / Bild: zvg
Emmental: Ein neues Buch erläutert die Geschichte des Oberemmentals. Biografien und Geschichten – auch solche, die über die Region hinaus beschäftigten – sind darin zu finden.

Das Titelblatt lädt einen sofort ein, das grosse und schwere Buch aufzuschlagen und darin zu schmökern. Wer schaut sich nicht gerne alte Fotos an? Sieben an der Zahl zieren das Cover. Das Foto von der Familie mit zehn Kindern vor hundert Jahren. Das Foto von einer Frau, die im Freien Wäsche einseift; neben ihr steht der riesige Pott, in dem sie die Tücher anschliessend in siedendes Wasser taucht. Oder das Foto von einem ertappten Schnapsbrenner vor seiner illegalen Anlage. Auch Wirtshäuser sind abgebildet, Bauernhäuser, imposante Holzbrücken, schmucke Tontöpfe, Trachten, bunte Taufbriefe und vieles mehr.

Hanspeter Buholzer, der Herausgeber des imposanten Werks mit dem Titel «Oberemmentaler Geschichte(n)» hat 14 Autorinnen und Autoren für das Projekt gewinnen können. Er und seine Mitautorinnen haben einen riesigen Fundus zusammengetragen. Kulturelle Hintergründe werden aufgezeigt, Traditionen beschrieben, verwirklichte wie auch begrabene Projekte erläutert und eine lange Reihe von Persönlichkeiten vorgestellt. Die Armut wird hautnah dargestellt, aber auch Unglücksfälle, Verbrechen, Glücksfälle, Geniestreiche und Heldentaten.


Aus fünf Jahrhunderten

Die Geschichte des oberen Emmentals ist denkwürdig und beeindruckend. Wer zu lesen beginnt, bleibt hängen an den Beiträgen aus 500 Jahren, erfährt viel Wissenswertes über den Alltag und das politische wie auch gesellschaftliche Leben in den neun Gemeinden von Signau bis Schangnau. Es sind Geschichten versammelt, die weit über die Region hinaus Wellen schlugen (Die Explosion der Pulverstampfe in Langnau), Geschichten, die bis heute belastend nachwirken (Verarmt – verdingt – gering geschätzt), Geschichten, deren Rätsel nie gelöst wurden (Die Giftmordprozesse Riedel/Guala), Geschichten, die in Vergessenheit gerieten (Der Indianermaler aus dem Eggiwil) und Geschichten, welche die Gegenwart erklären (Der lange Weg der Gleichberechtigung).

 

Detailreiche Texte

Die Autorinnen und Autoren haben gründlich recherchiert und ihre Quellen angegeben. Die Texte sind detailreich und in einem sachlichen, knappen Stil geschrieben und gerade dadurch sehr informativ. Carmen Simon, die Leiterin des Regionalmuseums Chüechlihus in Langnau, fasst den Wälzer im Vorwort zusammen: «Es ist ein Nachschlagewerk zur Emmentaler Geschichte, das mit seiner Themenvielfalt und den leicht zugänglichen Texten spannende Einblicke in die hiesige Historie bietet und damit einen Beitrag dazu leistet, dass die Vergangenheit aller Emmentaler:innen bewahrt und weitergegeben wird.»

Das fesselnde Buch beweist: Letzten Endes besteht Geschichte immer aus der Summe unzähliger Biographien.

01.06.2023 :: Gabriel Anwander (agl)