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Ferien in Österreich

Meine Freundin ist Österreicherin. Dagegen ist an sich nichts einzuwendenden. Da kann sie auch nichts dafür, genau sowenig wie ich etwas dafür kann, dass ich Schweizer bin. Bei solchen Dingen muss man fair bleiben. Nun waren diesen Sommer endlich wieder mal Österreich-Ferien angesagt. Auf Anhieb würde man vermuten, dass die Schweiz und Österreich zwei fast identische Länder sind. Doch der Schein trügt: Obwohl in beiden Ländern im weitesten Sinn eine Art Deutsch gesprochen wird, erlebt, wer als Schweizer zum ersten Mal Österreich besucht, einen Kulturschock. Das beginnt schon beim Essen. Falls sie zu einem Personenkreis gehören, der dem ärztlichen Ratschlag zu folgen hat, auf das ­Köpergewicht zu achten, würde ich ­Ihnen von einem Besuch Österreichs dringend abraten: Zu gut und zu üppig ist das Essen. Auch wenn Sie an einer Knödel-Allergie leiden, ist ein Besuch Österreichs nicht empfehlenswert. Knödel werden täglich unbegrenzt und ungefragt serviert und zwar sowohl als Vorspeise, Hauptspeise, Beilage und Nachtisch. Von weitem habe ich beo­bachtet, wie sich Kinder im Freien eine Knödel-Schlacht geliefert haben, analog zu den in der Schweiz im Winter so beliebten Schneeballschlachten. Auch gegen diese Knödel ist im grossen Ganzen nichts einzuwenden. Sie sind in der Regel äusserst lecker. Einzig bei Servietten-Knödel hört bei mir der Spass auf. Nie im Leben werde ich Servietten essen. Das ist für mich einfach nur noch pervers! Da esse ich dann schon lieber ein Grammelschmalz-Brot, bei dem der Aufstrich aus Schweineschmalz, Grammeln (geröstete Speckwürfel) und Kräutern besteht. Kommen wir zur Sprache: Versuchen Sie gar nicht erst einen dieser österreichischen Aborigines, also ein menschliches Wesen, das in österreichischem Dialekt spricht, zu verstehen, es ist unmöglich. Ihre Sprache zu lernen ist viel zu aufwändig. Mit einem einzigen Wort kommen Sie allerdings bestens durch. Das Wort lautet: «Passt» und wird für schlichtweg jede Lebenssituation verwendet: Egal ob man den Schlüssel ­einer Mietwohnung in die Hand gedrückt bekommt, ob man «beim Wirten» (in einem Restaurant) einen Tisch zugewiesen bekommt, egal ob jemand erzählt, dass er heute gerade Vater geworden sei, oder ob jemand erzählt, dass gerade seine Grossmutter gestorben sei, man sagt einfach immer nur «passt». Das kommt immer gut an. Enttäuschend war für mich einzig der Besuch des bedeutendsten Wallfahrtsort Österreichs, Mariazell. Eine gute Stunde betete ich vor dem heiligen Marienbild, mit der Bitte, dass mein kürzlich total verhageltes Auto seine Beulen verliert, leider ohne Erfolg. Das passte nicht, der Rest passte aber sehr!

08.09.2022 :: Anton Brüschweiler