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Fachkräfte sind sehr gesucht

Fachkräfte sind sehr gesucht
Plakate, mit denen neues Personal gesucht wird, sind derzeit bei vielen Firmen zu sehen. / Bild: Daniel Schweizer (sdl)
Emmental/Entlebuch: Beizen – geschlossen oder mit abgespeckter Karte. Das Personal in den Spitälern, das auf dem Zahnfleisch läuft. Die zahlreichen Schilder mit dem Hinweis «Dringend gesucht: …». Wie sieht es bezüglich Personal- und Fachkräftemangel bei hiesigen Unternehmen aus?

Gemäss einer aktuellen Studie der Credit Suisse bekunden zwei Drittel der befragten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Probleme bei der Besetzung offener Stellen. Mehr als die Hälfte der KMU rechnet künftig mit noch grösseren Schwierigkeiten. Wie schaut es in unserer Region aus? Wir haben vier Unternehmen befragt.


Ein Giftcocktail

Die Swiss Fine Line AG in Langnau beschäftigt rund 50 Mitarbeitende. «Auch wir spüren den Mangel an Fachkräften. Aktuell suchen wir qualifizierte Monteure und Projektleiter», so Adrian Rindisbacher, Leiter Corporate Services. In diesen Berufsgruppen gestalte sich die Personalrekrutierung eher schwierig. Rindisbacher stellt einen grossen Unterschied fest zwischen der Suche nach technisch qualifiziertem Personal und Persönlichkeiten mit einem kaufmännischen Hintergrund. Hier finde man einfacher adäquate Bewerberinnen. Gründe für das Fehlen von technischem Personal identifiziert Rindisbacher mehrere. Er stelle ungenügende Ausbildungsquoten im Bereich der handwerklichen Grundausbildung fest. Zudem manifestiere sich der Fachkräftemangel im Bereich der MINT-Berufe, also in Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften. Und weil ihre Monteure teilweise auch extern unterwegs seien und auswärts übernachteten, werde der Pool an potenziellen Kandidaten noch kleiner. «Das Ganze ist ein Giftcocktail», meint Rindisbacher. 


Die Lage wird noch kritischer

Selbstverständlich spielten die Saläre eine wichtige Rolle für die Attraktivität eines Unternehmens. «Wir haben hier die notwendigen Massnahmen getroffen und zahlen im Branchenvergleich überdurchschnittlich hohe Gehälter», sagt Rindisbacher. Für ebenso wichtig halte er jedoch auch die Unternehmenskultur. Wertschätzung und Anerkennung, die Möglichkeit, bereits früh Verantwortung übernehmen zu dürfen und die Chance, sich innerbetrieblich weiterentwickeln zu können, seien heutzutage unabdingbar. 

Gegenüber ihrer Kundschaft unternähmen sie alles, um auch in dieser angespannten Situation den gewohnten Premiumservice leisten zu können. «Aber es ist schon so, die dafür benötigten Fachkräfte findet man nicht einfach auf der Strasse.»

Während er die Ist-Situation nicht als sehr kritisch einstuft, sehe es aus seiner Sicht für die Zukunft eher düster aus. «Ich denke, die generelle Situation auf dem Arbeitskräftemarkt wird sich nicht entschärfen», befürchtet Adrian Rindisbacher. 


Individuelle und flexible Lösungen

Philipp Brun, Bereichsleiter Finanzen und Administration bei der Elektrisola Feindraht AG in Escholzmatt, stellt keinen generellen Fachkräftemangel fest. «Dennoch», so Brun, «spüren auch wir in gewissen Bereichen den ausgetrockneten Arbeitskräftemarkt.» Die Rekrutierung von Prozesstechnikern, Logistikern und Mechanikern werde zunehmend schwieriger. Die Gründe dafür sehe er in der guten Konjunktur mit einer regen Bautätigkeit. Um Lücken im Personalbestand vorzubeugen, würden geplante Rekrutierungen – beispielsweise bei Pensionierungen – noch früher gestartet. Grosser Wert werde auf die Mitarbeiterentwicklung gelegt, so Brun. «Wir suchen stets nach individuellen, flexiblen Lösungen bezüglich Arbeitsprofil und passen uns den gesellschaftlichen Trends an.» 


Entspannung erwartet

Auch glaube er an die Standortattraktivität des Unternehmens. «Wir sind zwar international aufgestellt, aber regional verankert.» Die 87 Prozent der Belegschaft, die in der Unesco Biosphäre wohnten, seien Beleg dafür. Und weil zahlreiche Tätigkeiten vor Ort ausgeführt werden könnten – beispielsweise der Unterhalt des Maschinenparks, die Eigen- und Weiterentwicklung von Software-Produkten – biete eine Anstellung bei ihnen eine grosse Vielseitigkeit. «Hier kann man etwas bewirken», so Bruns Folgerung. 

In den nächsten Monaten erwarteten sie einen konjunkturellen Abschwung. Damit einher gehen dürfte eine leichte Entspannung auf dem Arbeitsmarkt. Es sei aber die Politik der Firma, in solchen Phasen das Personal zu halten. «Denn wir müssen optimal aufgestellt sein, wenn die Konjunktur wieder anzieht.»


Qualität hat oberste Priorität

Die Firmengruppe Stämpfli AG und RSAG beschäftigt in Langnau total gut 130 Mitarbeitende. Auch sie verspürten einen Mangel an Fachkräften, teilt Geschäftsführer Hannes Stämpfli schriftlich mit. Bauführer, Poliere und Maschinisten seien nur sehr schwer zu rekrutieren. Gründe dafür sehe er in der «anspruchsvollen und oft nervenaufreibenden Tätigkeit». Hinzu kämen äussere Faktoren wie hoher Termindruck und die Arbeit bei harten Witterungsbedingungen. Diese Situation führe zu einer Überlastung einzelner Führungskräfte und Spezialisten. Deshalb könnten Termine nicht in allen Fällen wunschgemäss eingehalten werden. «Aber», so Stämpfli, «wir halten unsere Qualität aufrecht – die hat bei uns oberste Priorität.» Die demographische Entwicklung lässt gemäss Stämpfli keine Besserung der Situation erwarten. Aber wenn man sich wieder vermehrt auf seine Tugenden und auf mehr Swissness besinne, dann könnten wieder mehr attraktive Arbeitsplätze geschaffen werden, glaubt er. Die Strukturen würden laufend überprüft. Der Bereich Personal und Arbeitssicherheit habe da oberste Priorität. Die Mitarbeitenden eine hohe Wertschätzung spüren zu lassen, sei selbstverständlich. Stämpfli findet, dies sei ihnen gelungen, denn im Betrieb gebe es zahlreiche langjährige Mitarbeiter. Zudem legten sie grossen Wert auf Aus- und Weiterbildung. Die meisten Lehrlinge dürften bei ihnen bleiben und sich weiterentwickeln. Diese jungen Fachkräfte seien das Kader von morgen, so Stämpfli.


Gesucht: Handwerker mit Bauerfahrung

Leicht angespannt, aber nicht kritisch. Das ist die aktuelle Einschätzung von Matthias Feierabend, Leiter Finanzen, Personal und Marketing bei Jakob Rope Systems. Am Standort Trubschachen beschäftigt das Unternehmen 114 Mitarbeitende. Wie Feierabend auf Anfrage schriftlich mitteilt, sei es im technischen Verkauf schwierig, Stellen adäquat zu besetzen. Gesucht seien da Handwerker mit Bauerfahrung. Die Situation sei aber nichts Neues für das Unternehmen; daran werde sich wohl auch kurzfristig nichts ändern. Dies bedeute für den Rest der Belegschaft eine höhere Belastung, für die Kunden ein wenig längere Wartefristen für die Bearbeitung von Angeboten. Gemäss Einschätzung von Feierabend dürfte sich diese leichte Anspannung im Personalbereich innerhalb der nächsten sechs bis zwölf Monate wieder beruhigen. 

04.08.2022 :: Daniel Schweizer (sdl)