Wenn der Notenschatz vom Dachboden zum Klingen kommt

Wenn der Notenschatz vom Dachboden zum Klingen kommt
Projekt-Initiant Hermann Jenny (rechts) und Autor Beat Straubhaar beim Signieren der Bücher nach dem Abendkonzert in Escholzmatt. / Bild: Gody Studer (gse)
Escholzmatt-Marbach: Hochkarätige Formationen spielten an der Buchvernissage Volks- und Militärmusikstücke von Franz Josef Jenni. Geschaffen wurde ein historisches Zeitdokument.

Wenn ein Briefträger mit einem zehnstündigen Tagespensum im damaligen Postkreis Wiggen auf dem mittelgrossen Bauerngut Beinbrechen zusammen mit seiner Frau zwölf Kinder grossziehen muss, glaubt man kaum, dass noch Zeit für anderes bleibt. Nicht so beim damaligen Postbeamten und Landwirt Franz Josef Jenni. Er nahm nicht nur in der Öffentlichkeit Verantwortung wahr, sondern spielte an unzähligen Abenden mit seiner Musikkapelle zum Tanz auf und dirigierte 50 Jahre lang die Kirchenmusik Escholzmatt. Dabei arrangierte und komponierte Jenni unzählige Musikstücke und notierte für jedes Blasmusikinstrument handschriftlich die Notensätze. 


Notenschatz aufgearbeitet

Diese Notenbüchlein wurden von Jennis jüngsten Töchtern dem entfernt verwandten Hermann Jenny in Escholzmatt übergeben, der sie vorerst mal auf dem Dachboden verstaute. Erst nach seiner Pensionierung habe er Zeit gefunden, die Kisten mit dem Notenschatz genauer zu sichten, erzählte Hermann Jenny an der Musik- und Buchpräsentation. Er trat selber als achter Dirigent der Kirchenmusik Escholzmatt in die Fussstapfen seines Namensvetters. Nun habe er erst realisiert, wie wertvoll das zahlreiche Notenmaterial sei und begann mit der Aufarbeitung des Notenschatzes von Franz Josef Jenni. Eigentlich stellte er sich vor, Jennis Musik aufleben zu lassen und dazu eine Broschüre über dessen Biografie herauszugeben. In Beat Straubhaar fand er den richtigen Partner für sein Vorhaben: Entstanden sind ein umfangreiches Buch mit zwei CD´s, die an der Vernissage erstmals konzertant präsentiert wurden.  


350 handgeschriebene Musikstücke

Der Notenschatz, der von den Nachkommen von Franz Josef Jenni an den Musiker und Dirigenten Hermann Jenny übergeben wurde, enthielt 350 handgeschriebene Volks- und Militärmusikstücke. Franz Josef Jenni war somit auch Komponist und Arrangeur. Der nimmermüde Schaffer dirigierte nicht nur die Kirchenmusik Escholzmatt und leitete verschiedene Kapellen, er war auch Spielführer im Bat Spiel 41 und virtuoser Klarinettist im Orchesterverein Langnau. Buchautor Beat Straubhaar schuf eine Biografie, die auch eine Zeitgeschichte über das damalige Leben im Entlebuch ist. Während Straubhaar der Lebensgeschichte von Jenni nachging, sichtete Hermann Jenny den Notenschatz, traf eine erste Auswahl für die Veröffentlichung und transkribierte die Noten in die heutige Zeit. 23 Volksmusikstücke wurden von acht professionellen Musikerinnen und Musikern aufgenommen. Die Militärmusik wurde vom Spitzenorchester Bürgermusik Luzern, welche in diesem Jahr das 100-Jahr-Jubiläum feiert,  eingespielt. 


Vernissage und Konzerte

Anlässlich der Buchvernissage vom 21. Juni spielte die Bürgermusik Luzern verschiedene Jenni-Stücke in höchster Qualität. Deren Dirigent Michael Bach bezeichnete Jennis Musik als wertvolle Blaskapellenmusik aus einer Zeit, wie es sie heute nicht mehr gebe. 

Am vergangenen Sonntag waren dann anlässlich zweier gut besuchter Konzerte in der reformierten Kirche Littau-Reussbühl am Vormittag und am Abend im Kronensaal Escholzmatt Erstaufführungen mit der Franz-Josef-Jenni-Musik zu hören. Zu dieser Formation gehören nebst Dani Häusler, Claudia Muff, Josi Fischer, Josef Koller, Adrian Häusler und Dominik Lendi die Escholzmatter Musikanten Martin Bieri, Hans Duss, Mirjam Lötscher, André und Kilian Jenny. Durch das Programm führte Regi Sager mit allerlei interessanten Ausführungen.

30.06.2022 :: Gody Studer (gse)