Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Langnau: Das Langnauer Orchester konzertierte zusammen mit dem Pianisten Philippe Gaspoz. Auf dem Programm standen zwei unterschiedliche Werke – mit Gemeinsamkeiten.

In der Kirche Langnau wurden die 2. Sinfonie Beethovens und das 1. Klavierkonzert von Johannes Brahms aufgeführt. So unterschiedlich diese beiden Werke auch sein mögen – es handelt sich bei beiden um frühe Werke. Beethoven suchte sich von seinen grossen Vorbildern Haydn und Mozart zu lösen und selbstbewusst einen eigenen Weg zu gehen, Brahms seinerseits hatte den Mut gefasst, nach Beethoven Neues zu schaffen. Aber: Beide Werke stiessen bei ihren Erstaufführungen zumindest auf Unverständnis, Brahms musste sogar eine Niederlage einstecken, ein richtiges Fiasko. Aber beide Komponisten arbeiteten weiter. 

Beethovens nächste Sinfonien, aber auch das 2. Klavierkonzert von Brahms, wurden grosse Erfolge – und stehen den heute aufgeführten Werken etwas in der Sonne. Nun: In Langnau fiel keines der frühen Werke durch, im Gegenteil. Christoph Metzger führte sein Orchester mit grossem Schwung in Beethovens «Zweite», arbeitete mit sehr viel Gestaltungsvermögen die sich immer weiter entwickelnden Motive mit vielen Klangschattierungen sehr schön heraus und zeigte damit, dass diese Sinfonie bereits sehr viele Elemente der Späteren vorwegnimmt. 


Eintauchen in Brahms Welt

Eine ganz andere Welt ist das 1. Klavierkonzert Brahms´. Bisweilen schon etwas düster, geheimnisvoll, versuchte der junge Brahms eine neue Form des Klavierkonzerts zu schaffen. Ihm schwebte die Gleichwertigkeit von Solist und Orchester vor, es ging ihm nicht um vordergründige Brillanz, sondern um das Miteinander beim Verarbeiten der Motive. Und dieses Miteinander gelang Philippe Gaspoz und dem Langnauer Orchester hervorragend: Man spielte sich gegenseitig «den Ball» zu, ging aufeinander ein. Daneben gab Brahms dem Pianisten Philippe Gaspoz mehr als nur einmal Gelegenheit, seine grossen technischen Möglichkeiten, aber auch seine gediegene Musikalität unter Beweis zu stellen. 

Für ihr herrliches Programm ernteten der Solist und das ausgezeichnet disponierte Langnauer Orchester mit seinem Dirigenten Christoph Metzger mächtigen Beifall – den der exzellente junge Pianist mit dem herrlichen Nocturne op. 48 Nr. 1 von Frédéric Chopin eindrücklich verdankte. Sehr zur Freude des Publikums.

23.06.2022 :: Heinz Rutschi (hrl)