Anarchie – wohin die Perfektion des Menschen führen kann

Anarchie – wohin die Perfektion  des Menschen führen kann
Andreas Rubin spielt im Stück «Super – Die Anarchie» gleich mehrere Rollen. / Bild: zvg
Gohl: Der 35-jährige Andreas Rubin lebt und arbeitet in Gohl. Und er spielt im Theaterstück mit, das in diesen Tagen im Museum für Kommunikation in Bern gezeigt wird.

«Super – die zweite Schöpfung» heisst die aktuelle Ausstellung im Museum für Kommunikation in Bern. Sie ist unheimlich und faszinierend zugleich: Immer rasanter entwickeln sich die technischen Möglichkeiten. Künstliche Intelligenz und Digitalisierung prägen den Alltag. Wohin führt dieser Weg? Der Mensch will perfekt sein, sein Selbstoptimierungswahn ist unerschöpflich. Er will das Alter, Krankheiten und Behinderungen abschaffen. Und wo haben Menschen Platz, die nicht in dieses «perfekte Bild» passen? Das hat sich auch die Theatergruppe «muniambärg» gefragt und, passend zur Ausstellung, ein Stück entwickelt.


Eine Person, mehrere Rollen

«Muniambärg» ist ein Projekt der Volkshochschule plus und besteht aus Schauspielenden mit und ohne Behinderung, welche mit einem professionellen Team zusammenarbeiten. «Wenn ich in einem System nicht mehr vorkomme, dann mache ich doch, was ich will», sagt Co-Regisseurin Patricia Nocon. So sei nach und nach das Stück «Super – Die Anarchie» entstanden. Es wird zurzeit im Museum für Kommunikation aufgeführt.

Einer der Schauspieler ist Andreas Rubin. Der 35-Jährige lebt mit Downsyndrom. Aufgeregt berichtet er vom Stück, in dem er gleich mehrere Rollen übernimmt. Es ist das erste Mal, dass Andreas Rubin in der Theatergruppe mitspielt. Die Schauspielenden haben die Geschichte immer wieder verändert und gestaltet. Jetzt, kurz vor der Premiere, ist sie fertig. Verschiedene kleine Szenen reihen sich aneinander, sogar ein richtiges Versteckspiel im Museum hat Platz. Auch klassische Theaterelemente wie Liebe, Tod und Verbeugungen dürften auf keinen Fall fehlen, sagt die Co-Regisseurin Patricia Nocon. Eingebaut worden sind ebenfalls die Lieblingslieder der Schauspielenden. Und so erklingt Chris de Burgh´s «Lady In Red», wenn sich Andreas Rubin von einer Raupe in einen Schmetterling verwandelt. Früher habe er sich immer gewünscht, als Schauspieler auf der grossen Bühne zu stehen. Er spiele zwar gerne mit, sei aber dann froh, wenn die Aufführungen fertig seien. Schliesslich hat er viele andere Projekte, die auf ihn warten.


Ein Herzensanliegen 

Während der Woche lebt und arbeitet Andreas Rubin in Gohl auf dem Bauernhof von Familie Wüthrich. Das betreute Wohnen in der Familie und die Tagesstruktur in der Landwirtschaft sagen ihm zu. Die Tiere, allen voran die Kühe und Katzen, haben es ihm besonders angetan. Genau gleich wie das högerige Emmental. Obwohl es grad hier in Sachen Gleichstellung von Menschen mit Behinderung viel zu tun gebe, berichtet Andreas Rubin engagiert. Hier kennt er sich aus, das Thema liegt ihm am Herzen: Menschen mit Behinderungen sollen ohne Einschränkungen am sozialen, kulturellen und politischen Leben teilnehmen können. 

05.05.2022 :: Sandra Joder (sjw)