Yves Saraults schwierige Aufgabe: Retten, was noch zu retten ist

Yves Saraults schwierige Aufgabe: Retten, was noch zu retten ist
Bis Ende Saison hat Yves Sarault bei den SCL Tigers das Sagen: Kann er die letzten Runden der Tigers retten? / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Was sich seit Wochen abgezeichnet hat, wurde unumgänglich. Headcoach Jason O’Leary wurde entlassen und bis Ende Saison durch Yves Sarault ersetzt.

Die Aufgabe, die Yves Sarault im Schlussdrittel der Qualifikation zu lösen hat, ist anspruchsvoll. Der 49-jährige Kanadier soll retten, was noch zu retten ist. Frust und Enttäuschung von Sponsoren und Fans sind in den letzten Wochen von Spiel zu Spiel immer grösser geworden. Wunder können keine mehr erwartet werden. Aber der Unmut der treuen Anhängerschaft soll und muss sich auf der Zielgeraden dieser Saison wieder einigermassen in gute Laune und Lust auf den Besuch eines Spieles verwandeln. Yves Sarault kann die Mannschaft allerdings nicht im Alleingang wieder in die richtige Richtung bringen. Er ist darauf angewiesen, dass jeder einzelne Spieler bereit ist, den Trainerwechsel als Neuanfang zu betrachten. Es geht nicht nur um die sportliche Zukunft, sondern auch um das Image und die Wirtschaftlichkeit der SCL Tigers. Nur zufriedene Sponsoren und Fans sind bereit, auch in Zukunft ihr Geld in eines der populärsten Eishockey-Unternehmens unseres Landes zu investieren.


Keinerlei Fortschritte ersichtlich

Für den Verwaltungsrat und Sportchef Marc Eichmann hätte sich, im Nachhinein betrachtet, eine grössere Investition bei der Besetzung des Cheftrainerpostens zweifellos ausbezahlt. O´Leary war zwar die günstigste aller Lösungen, aber weil ihm ein Zweijahresvertrag gegeben wurde, entstehen jetzt zusätzliche Kosten. Die Verpflichtung des Kanadiers war von Anfang an ein einziges Missverständnis. Nicht nur wegen seiner gemeinsamen Vergangenheit bei Langenthal mit Marc Eichmann, sondern auch, weil er mit der Führung einer NLA-Mannschaft überfordert war. Im Gegensatz zu Heinz Ehlers erkannte er die Stärken und Schwächen seiner Spieler nie richtig und konnte deshalb auch nicht das Maximum aus ihnen herausholen. Das bodenständige Lebensmotto der verstorbenen Langnauer Eishockeylegende Simon Schenk «Mach mit däm wod hesch, dert wod bisch, das was chaisch» kannte er nicht einmal vom Hörensagen. Er war mit den beschränkten Möglichkeiten des Kaders überfordert und überforderte mit seinen Anweisungen gleichzeitig auch die Mehrheit der Spieler. Gesamthaft betrachtet ist der Hauptgrund seiner Entlassung der haargenau gleiche wie bei seinem vorherigen Arbeitgeber Iserlohn. Die Mannschaft hat unter seiner Führung keine Fortschritte erzielt.


Ein erfahrener «Feuerwehrmann»

Yves Sarault hat als «Feuerwehrmann» schon Erfahrungen gesammelt. Im November 2017 sprang er bei Lausanne für den entlassenen Headcoach Dan Ratushny ein und im Januar 2021 bei Visp für Matti Alatalo. Von 2014 bis 2020 war er Cheftrainer der Elitejunioren von Lausanne. Nach seinem Teilzeitjob bei den SCL Tigers wird er ab nächster Saison den Swiss-League-Klub Sierre übernehmen. Als ehemaliger NHL-Stürmer mit 111 Spielen wechselte er 2002 nach Europa und bestritt mit dem SC Bern (3 Saisons), Davos, Servette und Basel (je 1) sechs NLA-Meisterschaften mit 186 Skorerpunkten und 758 Strafminuten in 242 Spielen. Im Jahr 2004 wurde er mit dem SCB und dem jetzigen SCL Tigers-Sportchef Marc Eichmann als Ersatzgoalie hinter Marco Bührer Schweizer Meister. Drei Jahre danach holte er den Titel mit Davos und gewann zweimal mit dem Team Canada den Spenglercup.

«Grundsätzlich sehe ich gute Energie»

Seit Sonntag steht Yves Sarault statt Jason O'Leary an der Bande der SCL Tigers. Der 49-jährige Kanadier ist bereits mehrmals als Feuerwehrmann eingesprungen. Was war sein erster Eindruck?


Yves Sarault, darf man Sie als Troubleshooter benennen? Es ist ja nicht das erste Mal, dass Sie notfallmässig einspringen, nachdem ein Klub einen Trainer abgesetzt hat. Wie gehen Sie an eine solche Aufgabe heran?

Ja, es ist bereits das dritte Mal, dass ich so etwas mache. Eine Übernahme während der Saison ist nicht ganz einfach. Das Team hat ja bereits eine gewisse Spielweise implementiert und ich komme von aussen und habe meine eigene Philosophie. Ich will ein Spiel mit viel Energie auf hohem Tempo ohne zu viel Energieverluste. So gibt es zwei Seiten, die sich annähern müssen. 


Was war Ihr Eindruck nach dem ersten Training mit den Tigers?

Ich war erfreut darüber, was ich auf dem Eis gesehen habe. Grundsätzlich habe ich eine positive Energie gesehen. Wir haben im ersten Training zusammen ein paar Fragen geklärt. Aber es war mir auch wichtig, nicht gleich am ersten Tag alles über den Haufen zu werfen. Wir werden die Probleme Schritt für Schritt angehen.


Und wie sieht Ihre Einschätzung nach dem ersten Spiel vom Montag gegen Rapperswil aus?

Ich war etwas traurig, dass der Tank plötzlich leer war. Das Team hat grundsätzlich gut gespielt, aber nach der 50. Minute hat es so ausgesehen, als hätten sie kein Benzin mehr. Nicht weil sie keinen Einsatz mehr hätten leisten wollen, sondern einfach, weil sie zu viel Energie verschwendet haben.


Ist also der Energiehaushalt Ihre erste Aufgabe, die Sie anpacken?

Das passiert häufig, wenn eine Mannschaft zu viel will. Die Spieler setzen alles auf die Karte Angriff, sind tief im Forechecking drin, dann geht der Puck durch die Reihen nach hinten und sie müssen wieder retour fahren, was einfach zu viel Energie kostet. Das ist sicher etwas, was wir anschauen werden. Zuerst will ich jedem Spieler noch ein paar Werkzeuge mehr geben, die er im richtigen Moment einsetzen kann. Dann, in einem zweiten Schritt, kommt das Feintuning im Team dran.


Haben Sie seitens der Klubverantwortlichen Vorgaben erhalten, die
Sie erfüllen müssen?

Zumindest nicht auf Papier messbare. Klar haben wir Ambitionen, noch auf den Rang 10 zu kommen. Hätten wir die Hoffnung nicht mehr, könnten wir es ja auch gleich sein lassen. Aber jetzt geht es einfach mal darum, Präsenz zu zeigen und für die jungen Spieler gute Vorbilder zu haben. Und mit meinen Impulsen Fortschritte zu machen. So können wir auch den Fans und den Sponsoren zeigen, dass wir nicht aufgeben, sondern weiterkämpfen und die Show aufrecht halten. Bis zur Olympiapause wollen wir noch ein paar Punkte holen und vor allem Selbstvertrauen tanken.

20.01.2022 :: Werner Haller (whz), Olivia Portmann (opk)