Der Rotkreuz-Fahrdienst wird moderner – und teurer

Der Rotkreuz-Fahrdienst wird  moderner – und teurer
Dank einer App sollen sich die Fahrerinnen und Fahrer auf ihre eigentliche Tätigkeit konzentrieren können. / Bild: SRK
Emmental: Beim SRK-Fahrdienst ändert aufs neue Jahr einiges: zwei zentrale Vermittlungsstellen für die Kundschaft, eine App für die Fahrerinnen und Fahrer sowie höhere Tarife.

Der Fahrdienst sei das bekannteste Angebot des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), sagt Ursina Fels, Leiterin der Regionalstelle Emmental. Er werde von Menschen mit eingeschränkter Mobilität seit über 40 Jahren rege genutzt. Was klein begann, zählt heute allein im Emmental 360 freiwillige Fahrerinnen und Fahrer, die im letzten Jahr 2500 Personen transportierten. Insgesamt gab es 37´500 Fahrten. «Mit den Änderungen auf den 1. Januar wollen wir den Fahrdienst fit machen für die Zukunft», sagt Ursina Fels. «Das Angebot ist stetig gewachsen, die Strukturen sind aber gleich geblieben. Nun passen wir diese an.» Auch die Tarife würden auf diesen Zeitpunkt im ganzen Kanton vereinheitlicht. Im Emmental zahlen die Kundinnen und Kunden künftig mehr (siehe Kasten). 


Zwei zentrale Vermittlungsstellen

Neu werden alle Fahrten über die Zentralen in Langnau und Burgdorf vermittelt. In den kleineren Gemeinden hätten bisher freiwillige Einsatzleiterinnen diese Arbeit ausgeführt, erklärt Ursina Fels. Dies mit grossem Engagement und teils während Jahrzehnten. Doch die Suche nach Nachfolgerinnen werde immer schwieriger. «Leute, die tagein, tagaus telefonisch erreichbar sind, findet man kaum mehr.» Zudem hätten die Freiwilligen auf das neue IT-System umstellen müssen, was aufwändig geworden wäre (Schulungen, Lizenzen). «Manche haben die Fahrten noch in ein Milchbüechli eingetragen. Nicht alle sind mit dem Computer bewandert», gibt die Regionalstellenleiterin zu bedenken. Um jeweils am Jahresende die Statistik erstellen zu können, hätten alle Daten erfasst werden müssen – eine Arbeit von mehreren Tagen. 

Ein weiterer Vorteil für die Kundinnen und Kunden seien die einheitlichen Öffnungszeiten, ergänzt Ursina Fels. «Bisher waren diese sehr unterschiedlich, je nach Möglichkeiten der einzelnen Vermittlerinnen.» 


Weniger Administratives dank App 

Auch für die freiwilligen Fahrerinnen und Fahrer ändert einiges. Heute erfassen sie für ihre Fahrten monatlich Rapporte – auf Papier oder in einer Exceltabelle. Diese müssen in den Geschäftsstellen Langnau und Burgdorf ins System eingegeben werden, um die Spesenabrechnungen zu erstellen. «Das ist umständlich und kostet viel Zeit», erklärt Ursina Fels. Mit einer neuen App werde dies viel einfacher. Darauf seien alle Angaben für die Fahrt ersichtlich. «Nach dem Transport kann der Fahrer den Einsatz quittieren und sieht gleich, wie viele Spesen ihm ausbezahlt werden.» Ausserdem sei es möglich, dass die Freiwilligen ihre Abwesenheiten hinterlegen könnten, nennt die Stellenleiterin einen weiteren Vorteil. Auch sehe die Einsatzleiterin, ob ein Fahrer zu einem bestimmten Zeitpunkt bereits gebucht sei. Das erspare unnötige Anrufe. Ursina Fels ist erfreut, dass 97 Prozent der Freiwilligen auf die neue App umstellen wollen. «Die anderen können wie bisher ihre Rapporte ausfüllen.»

Die Stellenprozente bei den beiden Vermittlungsstellen in Burgdorf und Langnau werden um je 50 auf 280 aufgestockt. Dank des neuen Systems rechneten sie beim Verwaltungsaufwand aber mit Einsparungen von 40 Prozent, sagt Ursina Fels. Diese Erfahrung habe man im Seeland gemacht, wo die App seit zwei Jahren verwendet werde.

Im Emmental Preisaufschlag von 33 und 50 Prozent

Die Tarife für den Rotkreuzfahrdienst werden auf den 1. Januar erhöht. «Bisher gab es zum Teil grosse regionale Unterschiede, neu ist es für alle gleich», sagt Ursina Fels, Leiterin der SRK-Regionalstelle Emmental. Zahlten im Emmental über 62-Jährige 90 Rappen pro Kilometer, sind es neu 1.20 Franken, also ein Drittel mehr. Für jüngere Personen wird es 50 Prozent teurer, 1.80 statt 1,20 Franken. Für Selbstzahler mit geringen finanziellen Mitteln werde ein Sozialrabatt gewährt, betont Ursina Fels. Ausserdem würden die Einsatzleiterinnen die Leute vermehrt beraten, wo sie um Unterstützung nachfragen könnten (etwa Krankenkassen, Ergänzungsleistung). «Eine Lösung finden wir immer.» Vom Fahrpreis gehen wie bisher 80 Rappen pro Kilometer an die freiwilligen Fahrerinnen und Fahrer als Spesenentschädigung.


Braucht zu viele Spendengelder

Die Preiserhöhung habe nichts mit der Neuorganisation des Fahrdienstes zu tun, erklärt Ursina Fels (siehe Hauptartikel). Vielmehr sei dieser schon länger defizitär und nehme im Vergleich zu anderen Angeboten des SRK zu viele Spendengelder in Anspruch. «Ausserdem sind die Preise seit Jahren nicht mehr angepasst worden, obwohl unsere Kosten gestiegen sind.» Besonders ins Gewicht fallen würden Haftpflicht- sowie Vollkaskoversicherungen und der Selbstbehalt im Schadenfall. Weiter gebe es für die Fahrer kostenlose obligatorische und freiwillige Weiterbildungen sowie gesellige Treffen, so Ursina Fels. 

30.12.2021 :: Silvia Wullschläger (sws)