Immer mehr Gemeinden arbeiten bei der Verwaltung zusammen

Immer mehr Gemeinden arbeiten  bei der Verwaltung zusammen
Emmental: Seit Herbst kümmert sich die Gemeinde Sumiswald um die Verwaltung von Affoltern. Morgen entscheidet die Gemeindeversammlung über den definitiven Zusammenarbeitsvertrag.

«Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Sumiswald hat sich klar bewährt», blickt Roland Ryser, Gemeindepräsident von Affoltern, auf die letzten Monate zurück. Im August dieses Jahres sah sich der Gemeinderat Affoltern gezwungen, eine vor­übergehende Lösung für die Verwaltung zu finden, nachdem bis auf eine Angestellte das ganze Personal gekündigt hatte. Sumiswald sollte vorerst für drei Monate die Gemeinde- und die Bauverwaltung in den Räumen in Affoltern führen, lautete die Abmachung.


Breit abgestützt 

Dass die Bürgerinnen und Bürger Affolterns an der morgigen Gemeindeversammlung über den Kredit für die definitive Übernahme der Verwaltung beraten, zeigt, dass die Lösung mit Sumiswald funktioniert. «Die Verwaltung ist insgesamt breiter abgestützt», erklärt Roland Ryser. Die Zusammenarbeit bewähre sich auch, weil das Arbeitsaufkommen sehr unterschiedlich sei; mal würden fünf Baugesuche in einer Woche eingereicht, dann monatelang keines, nennt er ein Beispiel. «Ein grösserer Betrieb kann das besser ausgleichen.» Für die rund 1100 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Gemeinde Affoltern mache es beispielsweise keinen Sinn, einen Bauverwalter mit einem Vollzeitpensum anzustellen; «nun kann der Bauverwalter in Sumiswald die dortigen Geschäfte bearbeiten und in Affoltern jene von Affoltern.» 

Die Gemeinde Sumiswald leitet die Verwaltung von Affoltern nicht gratis. Die Bürgerinnen und Bürger von Affoltern haben deshalb den jährlichen Betrag von maximal 140´000 Franken zu genehmigen. Zahlt die Gemeinde nun mehr für die Verwaltung? «Nein, weniger», hält Roland Ryser fest. Die Einsparungen würden rund einen Drittel ausmachen.


Gemeinden sollen sich selber helfen

«Für uns muss diese Dienstleistung selbsttragend sein», hält der Sumiswalder Gemeindepräsident Fritz Kohler fest. Es gehe nicht darum, ein Geschäft zu machen. «Wir hatten selber vor einigen Jahren mehrere Vakanzen. Wenn man dann die Arbeiten an externe Büros auslagert, wird es ‹schampar tüür›.» Er finde es gut, wenn sich die Gemeinden selber organisierten, hält Fritz Kohler fest. «Wenn es auf der Verwaltung plötzlich chaotisch wird, besteht die Gefahr, dass der Kanton eingreift.» Aktuell verwaltet Sumiswald nebst der Gemeinde Affoltern auch die Finanzen von Dürrenroth. Die Gemeinde Sumiswald habe ihre Verwaltung entsprechend personell aufgerüstet.

Angedacht ist, dass ab 2023 auch die Bauverwaltung von Trachselwald an die benachbarte Gemeinde ausgelagert wird. «Im Hinblick auf die Pensionierung unserer Bauverwalterin haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir das künftig organisieren könnten», erklärt Trachselwalds Gemeindepräsidentin Kathrin Scheidegger. «Die Bevölkerung bevorzugt laut einer Umfrage klar eine engere Zusammenarbeit und weniger eine Fusion.» 


Workshop über Zusammenarbeit

«Eine Fusion muss langsam wachsen», ist auch Fritz Kohler überzeugt. Das habe sich kürzlich an einem Workshop gezeigt, an dem Vertreter sämtlicher Gemeinden des Verwaltungskreises Emmental über diese Thematik diskutiert hätten. «Eine engere Zusammenarbeit macht oft mehr Sinn. Ich kann mir auch gut einen Gemeindeverband für die Verwaltung vorstellen», fügt Kohler an. 

In den letzten Jahrzehnten ist einiges im Gemeinwesen neu organisiert worden: Die Vormundschaftsbehörde ist die Kesb übergegangen, der Sozialdienst und Feuerwehr wurden regionalisiert und Wasser- und Abwasserverbände gegründet. «Es ist wichtig, dass man die Bereitschaft hat, mit anderen Gemeinden Lösungen zu suchen», sagt Fritz Kohler. «Viele stehen vor denselben Herausforderungen.»

Oberhünigen: Vorreiter in Sachen Auslagerung

Bereits vor mehr als 20 Jahren hat die Gemeinde Oberhünigen – wie nun Affoltern – ihre Verwaltung ausgelagert und ging dabei wortwörtlich einen Schritt weiter. Seit 1999 befindet sich nämlich die Gemeindeverwaltung von Oberhünigen im Nachbardorf Zäziwil. «Wer in Oberhünigen wohnt, ist mobil, daher ist es kein Problem, nach Zäziwil zu fahren», sagt Bruno Stalder, Präsident der gut 300 Einwohner zählenden Gemeinde. Die Zusammenarbeit habe mehrere Vorteile, meint Stalder weiter. «Die Gemeindeverwaltung hat bessere Öffnungszeiten. Auch sei es schwierig, beispielsweise einen Bauverwalter für ein sehr kleines Pensum zu finden.» Abgerechnet werden die Dienstleistungen der Gemeinde Zäziwil über einen vertraglich geregelten Schlüssel. Das sei zwar etwas aufwändiger als eine pauschale Abgeltung, aber dafür fair, meint der Oberhüniger Gemeindepräsident weiter. Die beiden Gemeinden arbeiten auch in anderen Bereichen zusammen, etwa bei der Schule.

02.12.2021 :: Bruno Zürcher (zue)