Leben mit Schatten und Licht – wie mit Depressionen umgehen?

Leben mit Schatten und Licht –  wie mit Depressionen umgehen?
Am Vortrag wurde auf zahlreiche Bücher und Broschüren hingewiesen, die den an Depressionen leidenden Menschen helfen können. / Bild: Gertrud Lehmann (glh)
Rüegsau: Zahlreiche Menschen sind von Depressionen betroffen. Wie die Krankheit sich äussert, wie ihr begegnet werden kann, darüber informierte ein Psychiater in Rüegsauschachen.

Leben mit Schatten und Licht: Zum Vortrag zu diesem Thema hatten Spitex Region Lueg und Pro Senectute ins Kirchgemeindehaus eingeladen. Was hilft, wenn die Schatten überhandnehmen? Ein Thema, das alle angeht. Denn das Leben besteht aus Hochs und Tiefs, und auch wenn wir auf die Frage «wie gehts» stets mit «gut» antworten, stimmt das oft nur bedingt. Erstaunlich, dass fast nur ältere Damen den Vortrag besuchten, kein einziger Mann. Dabei sind von den 1300 Suiziden pro Jahr der grössere Teil Männer – und nicht nur, weil sie wohl besser mit Waffen umgehen können.


Depression ernst nehmen

«Eine Depression ist nicht nur schlechte Laune, sondern eine Krankheit», hielt Markus Guzek, leitender Psychiater des Spitals Emmental, gleich zu Beginn fest. «Jetzt reiss dich mal zusammen» oder «das ist doch nicht so schlimm» beweise nur Unver-ständnis oder das Nicht-ernst-Nehmen des Betroffenen. Dabei gebe es heute bei psychischen Störungen effiziente, therapeutische oder medizinische Hilfe. Und diese anzufordern, sollte man nicht zu lange warten, weil Betroffene unnötig leiden würden, einen Teil ihres Lebens verpassten, und die Krankheit schwerer und chronisch werden könnte. «Zu Unrecht sind psychische Krankheiten immer noch mit einem Tabu behaftet. Niemand redet gern darüber, in einer psychia-
trischen Klinik behandelt worden zu sein», bedauerte der Redner. Wer beispielsweise ein Bein gebrochen habe, sage auch nicht: «Das bessert dann schon wieder», sondern lasse sich behandeln, und das gehöre sich auch für eine Depression.


Woher kommt diese Krankheit?

Etwa jede fünfte Person werde einmal in ihrem Leben von einer Depression heimgesucht, sagte Guzek. Auslöser könnten belastende Ereignisse wie Scheidung, Stellenverlust, ein Todesfall in der Familie, oder eine schwere Erkrankung sein. Dafür sei eine Zeit der Trauer angemessen. Doch auch ständige berufliche Überforderung, Unstimmigkeiten in der Familie, oder aber eine Funktionsstörung im Gehirn könnten Auslöser sein. Auch würden wir immer älter, und das Altern bringe Probleme mit sich. Dazu komme, dass erbliche Belastungen manche Menschen eher anfällig machten, während andere leichter damit fertig würden. 


Vielfältige Symptome

Symptome seien unter anderem Schlafstörungen, deprimierte Stimmung, endloses Grübeln, Rückzug aus der Öffentlichkeit und Interesselosigkeit. Eine Depression äussere sich nicht nur in Schwermut und Traurigkeit, sondern könne – gerade bei Männern – auch als Aggression, Wutausbruch oder als Gewalt auftreten. Eine Genesung erfordere in jedem Fall Geduld. Angehörige fühlten sich oft hilflos oder sogar schuldig, und täten sich schwer damit, die Situation zu ertragen. Hilfreich wäre da die Teilnahme in einer Selbsthilfegruppe, und Gespräche mit gleichfalls Betroffenen. 


Was ist hilfreich?

Nach Beendigung des Vortrags wies Chantal Galliker von Pro Senectute darauf hin, dass bei alltäglichen Stimmungsschwankungen auch Strategien zur Selbsthilfe entwickelt werden könnten. Die Anwesenden unterteilten sich in kleinere Gruppen, um zu diskutieren, was persönlich als hilfreich angesehen werde, dem Trübsal den Garaus zu machen. Da kamen Vorschläge wie: Musikhören, ein gutes Buch oder einen Film geniessen, zu Gott beten, Wandern oder sonstige sportliche Aktivitäten, vor allem aber, sich ein «Schüpfli» geben und jemanden einladen oder besuchen, mit dem man das Schöne sehen, reden und lachen, und das Leben geniessen könne.

25.11.2021 :: Gertrud Lehmann (glh)