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Drei rote Fäden, ein edles Gewürz

Drei rote Fäden,  ein edles Gewürz
Nun ist Erntezeit auf dem Krokusfeld. Der Safran wird aus den drei roten Fäden gewonnen. / Bild: x x (x)
Konolfingen: Safran aus dem Emmental klingt exotisch. Christian Abend zeigt jedoch, dass das edle Gewürz bei guten Bedingungen auch hier gedeiht.

Herbstzeit bedeutet für die Anbauer von Safran Hochsaison: «Wir ernten von Oktober bis Anfang November alle zwei Tage», erzählt Christian Abend einer Gruppe von Interessierten am Tag der offenen Tür. Er beugt sich über sein Feld und pflückt eine der blauen Blüten um zu zeigen, was genau Safran ist: Nämlich die drei leuchtend roten Stempel, die aus der Blüte des Safrankrokus ragen. Jeder Stempel ergibt später einen Safranfaden. Getrocknet und gereift entsteht aus ihnen das unverwechselbare Gewürz, welches etwa Paella oder Safranrisotto den typischen Geschmack und eine intensive gelbe Farbe verleiht. Man findet Safran aber auch in der Pflanzenheilkunde, etwa in Nahrungszusätzen, welche die Psyche positiv beeinflussen sollen.


Teures Lehrgeld

Dass dieses Gewürz eines der teuersten überhaupt ist, hat verschiedene Gründe. Erstens entstehen aus einer Knolle pro Jahr gerade mal drei Blüten, also ungefähr neun Safranfäden. Zudem ist viel Handarbeit gefragt: Die Stempel müssen umgehend nach dem Ernten von den Blüten gezupft und getrocknet werden, damit sie nicht verderben. Zum Trocknen schiebt sie Christian Abend für kurze Zeit in den Backofen. Bis dieser Prozess klappte, brauchte es mehrere Versuche. «Ich habe auch schon eine Ladung versehentlich verbrannt», erinnert er sich. Zu feucht sollten die Fäden auch nicht bleiben, sonst schimmeln sie. 

Nicht alle Hersteller trocknen den Safran auf die selbe Weise. «Ich lege ihn zum Trocknen in einem Zimmer aus», verrät Maria Doinska aus Zäziwil, die den Ausführungen von Christian Abend aufmerksam folgt.

Damit sich das Aroma entwickelt, muss der getrocknete Safran rund einen Monat vor Licht und Feuchtigkeit geschützt reifen. «Frischer Safran riecht kaum», begründet der Experte. Als letzter Schritt folgt das Verpacken – mit Hilfe einer Präzisionswaage, versteht sich. Denn das Gewürz ist ab einer Verpackungsgrösse von 0,15 Gramm erhältlich. Diese Menge reicht aus, um ein Safranrisotto für vier Personen zu aromatisieren.


Mäuse und Nässe sind Hauptfeinde

Wie aber kommt jemand, der bis zu seiner Frühpensionierung für einen Weltkonzern Fabriken in aller Welt geleitet hat, dazu, Safrankrokusse anzubauen? «Ich wollte noch einmal etwas mit den Händen machen», antwortet Christian Abend. Doch nicht irgendetwas wollte er produzieren, sondern etwas Edles. Ein erster Versuch mit Indoor-Safran klappte zwar, doch die grossen Mengen des Materials, das er als Substrat verwendete, gingen ins Geld. Also war es naheliegend, den Anbau nach draussen zu verlegen. Schliesslich konnte er vor drei Jahren ein Stück Land auf dem Reinhardhof in Gysenstein pachten. Ein schmales Feld von fünf mal 80 Meter, leicht abschüssig und südwärts geneigt. Die Erde locker und deshalb gut geeignet. 40´000 Knollen aus Frankreich wurden beschafft und etappenweise gepflanzt.

Anspruchsvoll sei die Pflanze bei guten Bedingungen nicht. Bisher waren weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel notwendig. Doch die Krokus-Art hat zwei Hauptfeinde: Mäuse und Nässe. Gegen erstere sollen Fallen Abhilfe schaffen, und wegen dem nassen Sommer gingen rund 30 Prozent der Knollen ein. «Ich grub einen Teil von ihnen von Hand aus und setzte sie nach dem Trocknen wieder», erklärt Christian Abend. Wie viele der Knollen überlebt haben, wird sich noch zeigen. Ein zweites Mal will er es jedenfalls nicht darauf ankommen lassen: «Wir verlegten Drainagen in den Boden, um das Wasser abzuleiten.»


Gelbes Gold?

Kann man im Emmental mit Safran Geld verdienen? «Buchhalterisch gesehen nicht», meint Christian Abend nach einigem Überlegen. «Jedenfalls nicht in dieser geringen Menge.» Ihm geht es aber weniger ums Geld, sondern ums Gesamtpaket. Er geniesst die Vielseitigkeit der Aufgaben: vom Anbau des Produktes bis hin zum Vermarkten und dem Gestalten der Werbeflyer und der Webseite. Werden mehr Hände benötigt, erhält der Neu-Bauer  Unterstützung von seiner Frau und den beiden erwachsenen Kindern sowie von Freunden und Bekannten. 

Für die Zukunft möchte Christian Abend unter anderem den Anbau mechanisieren, sprich kleine Bodenbearbeitungsmaschinen anschaffen. Momentan verkauft er die 100 bis 200 Gramm Jahresernte mehrheitlich in seinem Bekanntenkreis oder an Firmen, die seine Geschenkbox erwerben. Darauf könne er sich aber längerfristig nicht verlassen. «Deshalb möchte ich einen Stand am Wochenmarkt in Bern eröffnen.» Und an neuen Produkten tüfteln, gerne auch mit ungewöhnlichen Kombinationen, wie etwa der mit Safran gewürzten Quittenkonfitüre – passend zum Herbst.

Safran – das Gelbe

Safran bedeutet auf arabisch und persisch so viel wie «Das Gelbe». Ursprünglich war diese mehrjährige Krokusart wohl ein
Mutant, der auf den ägäischen Inseln vorkommende Crocus cartwrightianus. Eine Vermehrung ist nur durch die Teilung der Knolle möglich. Heute wird ein Grossteil der Weltproduktion in Iran angebaut. Aber auch in Ländern wie Afghanistan, Kaschmir, Südfrankreich, Spanien, Marokko und Griechenland gedeiht die Kostbarkeit. In der Schweiz gab es ihn lange Zeit nur aus Mund/VS. Erst in den letzten Jahren wächst er auch in anderen Gebieten.

Manchmal ist nicht drin, was auf der Verpackung steht. Aufpassen muss insbesondere, wer importierten pulverisierten
Safran kauft: Er könnte mit Kurkuma (Gelbwurz) versetzt sein. Auch Färberdisteln werden manchmal verwendet. Ihre Blütenblätter gleichen getrocknet den
Safranfäden. Ungefährlich zwar, aber für den Hersteller ein lukratives Geschäft. 

28.10.2021 :: Rebekka Schüpbach (srz)