Ein guter Tourismussommer – den Elektrovelos sei Dank

Ein guter Tourismussommer –  den Elektrovelos sei Dank
Der Ausblick von der Moosegg. Rennvelofahrer lieben die Strecke ebenso wie E-Bikerinnen. / Bild: Carina Scheuringer
Emmental und Entlebuch: Trotz anfänglichem Wetterpech blicken die beiden Tourismusregionen auf erfolgreiche Sommermonate zurück. Die Emmentaler E-Bike-Offensive ist gut angelaufen.

Der Sommer begann alles andere als gut. Der Dauerregen drückte auf die Stimmung, zudem sorgten die Unwetter lokal für beträchtliche Schäden.

Auch für den Tourismus war das nicht ideal. Doch in der zweiten Sommerhälfte habe ein deutlicher Aufschwung eingesetzt, berichten Isabelle Hollenstein, Leiterin von Emmental Tourismus, und Theo Schnider, Direktor der Unesco Biosphäre Entlebuch (UBE). Erneut hätten zahlreiche Schweizerinnen und Schweizer ihre Ferien und Freizeit im eigenen Land verbracht, sagt Hollenstein. Das Emmental verzeichnete im zweiten Quartal 2021 gut 45´000 Logiernächte. Das sind 60 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode und sogar einige Prozentpunkte mehr als 2018 sowie 2019. Der Grossteil der Gäste – gut 42´000 Logiernächte – stammten aus der Schweiz. Weitere gut 2000 Nächte wurden von Gästen aus dem angrenzenden Ausland gebucht.

Für die zweite Jahreshälfte liegen noch keine Zahlen vor. Sie dürften laut Isabelle Hollenstein aber ähnlich erfreulich sein. Im Emmentaler Tourist-Office seien im Sommer jedenfalls so viele Anfragen eingegangen wie nie in den letzten Jahren. Auch Seminar- und Gruppenangebote, die im Pandemiejahr 2020 fast komplett eingebrochen waren, erleben einen Aufschwung. «Die Menschen wollen wieder etwas zusammen unternehmen, sich nicht mehr nur virtuell treffen», so Hollenstein.


Innovatives Emmental

Bisher war das Emmental vor allem bekannt als Ziel für Tagesausflüge. Damit die Gäste künftig länger in der Region verweilen und mehr Geld hier lassen, verfolgen die Tourismus-Verantwortlichen eine neue Strategie. Unter dem Titel «Hügu Himu» wird die Region seit diesem Frühling als E-Bike-Paradies vermarktet.

«Der ‹Hügu Himu› hat einiges ausgelöst», sagt Isabelle Hollenstein. Zahlen, wie viele Elektrovelos dieses Jahr vermietet wurden, liegen noch keine vor. Die Mehrheit der Gäste ist ohnehin mit dem eigenen Gefährt unterwegs. So oder so würden sowohl die Gastronomie und Hotellerie wie auch Hofläden oder Museen einen Zuwachs an E-Bike-Gästen verzeichnen, erklärt Hollenstein. Was die Leiterin von Emmental Tourismus ebenfalls optimistisch stimmt: Dass entlang der «Hügu Himu»-Routen diverse neue Angebote entstanden seien und man mehr zusammenarbeite.

Zuvor stellten aussenstehende Tourismusexperten immer wieder fest, dass das Emmental seine touristischen Möglichkeiten bei Weitem nicht ausschöpfte. Dass zu viele Anbieter bislang ihre eigene Suppe kochten.


Investionsfreudiges Entlebuch

Neue Angebote entstanden auch im Entlebuch. Etwa der Jumptrail auf der Marbachegg, der grosse Moorrundweg in Sörenberg oder die E-Bike-Schatzsuche Savurando in Entlebuch. Diese Angebote seien schon länger geplant gewesen, sagt UBE-Direktor Theo Schnider. «Es ist wichtig, dass sie trotz Pandemie umgesetzt wurden.» Denn die Investitionen würden sich auszahlen: So beförderten die Entlebucher Bergbahnen im August und September rund zehn Prozent mehr Gäste als üblich.

In etwas abgeschwächter Form weitergegangen ist der Camping-Tourismus, der im Coronajahr 2020 einen nie dagewesen Boom erlebte. Die Stellplätze im Entlebuch seien auch dieses Jahr gut, aber nicht überbelegt gewesen, berichtet Schnider. Anders sieht es im Emmental aus: Hier gibt es nach wie vor weniger Stellplätze, als eigentlich vermietet werden könnten.


«Kein Flickenteppich»

Jetzt, nach den Herbstferien, beginnen im Emmental und Entlebuch langsam die Vorbereitungen auf die Wintersaison. Was diese bringen wird? Betreffend Corona-Schutzbestimmungen zeichnet sich eine liberale Lösung ab: In den Skigebieten werde momentan keine allgemeine Zertifikatspflicht eingeführt, teilt der Verband Seilbahnen Schweiz mit. Darauf habe man sich mit Bund und Kantonen verständigt. In geschlossenen Kabinen und Räumen herrscht Maskenpflicht, in Innenräumen muss zudem Abstand gehalten werden. Ein Zertifikat benötigt nur, wer im Innern von Restaurants sitzt.

Der Bund gibt zwar zu bedenken, dass noch kein definitiver Entscheid gefallen sei. Die Bergbahn-Chefs zeigen sich in ihrer Stellungnahme trotzdem schon mal zufrieden. Auch Theo Schnider, der zudem Verwaltungsratspräsident der Bergbahnen Sörenberg ist, freut sich. Bereits vor einigen
Tagen hat er gesagt: «Einen Flickenteppich wie letzten Winter, als in fast jedem Kanton ein anderes Corona-Regime herrschte, möchten wir unbedingt verhindern.» Und Zertifikate wären in Sörenberg fast nicht zu kontrollieren – es gebe zu viele Zugänge zum Skigebiet.

Die Lueg soll zum Tourismus-Hotspot werden

Im Emmental gibt es seit kurzem eine neue Tourismusanbieterin: die Switzerland Promotion GmbH. Hinter der Firma stehen Mimo Caci, langjähriger Marketingchef der Schaukäserei in Affoltern, und Michael Kräuchi, ehemaliges Geschäftsleitungsmitglied von Bern Welcome.

Im Zentrum der Angebote steht die Lueg: der Landgasthof sowie das hier angesiedelte Zentrum für Schweizer Volksmusik und Volkskultur. Von hier aus wollen Caci und Kräuchi touristische Erlebnisse aller Art anbieten. Bereits auf der Webseite aufgeschaltet sind zum Beispiel Jodelkurse sowie die «Tour dü Ämmitau», eine Gruppenfahrt durch die Region inklusive Essen. Das sei erst der Anfang, erklärt Mimo Caci, «wir haben noch viele weitere Ideen.»

Die beiden sind überzeugt: In der Volkskultur – den Trachten, dem Jodeln, Alphornblasen, Hornussen und so weiter – steckt viel ungenutztes touristisches Potenzial. Deshalb kreieren sie entsprechende Kurse und Gruppenangebote. Auch anderes sei denkbar: «Barfuss durch die Emme zu gehen, mag für uns etwas Selbstverständliches sein. Aber für jemanden aus Tokio ist es ein Erlebnis», sagt Caci. Ihre Angebote wollen er und Kräuchi unter dem Titel «Resort Emmental» vermarkten. In ihrer Firma dabei ist auch Jörg Moser, der Besitzer des Landgasthofs Lueg. Eine Option ist, dass Mimo Caci und Michael Kräuchi zusammen mit Investoren den Gasthof dereinst kaufen. Zuerst aber soll eine gute wirtschaftliche Basis gelegt werden.

Eines ist Mimo Caci wichtig: «Wir wollen nicht die bestehenden Angebote konkurrenzieren, sondern die vorhandenen ergänzen.» Man arbeite eng mit anderen Betrieben zusammen. Denn: «Je mehr verschiedene Angebote es gibt, desto interessanter wird eine Region für die Gäste.»

21.10.2021 :: Markus Zahno (maz)