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Blasmusik-Vereine wollen mit neuen Ideen das Nachwuchsproblem lösen

Blasmusik-Vereine wollen mit neuen Ideen das Nachwuchsproblem lösen
Bis ein Kind in einer Jugendmusik mitspielen kann, dauert es. Viele steigen vorher aus / Bild: Albrecht Fietz
Emmental: Viele Musikvereine haben Mühe, Kinder und Jugendliche für ein Blasinstrument begeistern und sie langfristig in den Verein integrieren zu können. Das soll sich nun ändern.

«Die Blasmusikszene muss die Nachwuchsförderung dringend angehen», sagt Christian Siegenthaler. Er ist Sekretär des Emmentalischen Musikverbandes (EMV) und für die Jugendförderung zuständig. Die jungen Musikantinnen und Musikanten von heute seien die aktiven Vereinsmitglieder von morgen. «Ohne engagierte Jugendförderung kann kein Verein überleben.» Seit Jahren seien die Anmeldezahlen für Blasinstrumente in Jugendmusiken und Musikschulen jedoch rückläufig. Der Schweizerische Jugendmusikverband ist zwischen 2011 und 2019 gemäss eigenen Angaben von 8142 auf 6900 Mitglieder geschrumpft. Obwohl für den Kanton Bern oder das Emmental keine Zahlen vorliegen, stuft Siegenthaler die Situation hier ähnlich ein.  «Positiv ist, dass die Vereine das Problem erkannt haben und bereit sind, etwas dagegen zu tun.» Dies hätten zwei Umfragen und ein erstes Treffen des EMV mit allen Akteuren der Blasmusik gezeigt.


Schwieriger Übergang zu Erwachsenen

Die Musikgesellschaften seien – wie andere Vereine auch – dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. «Hat man früher sein Hobby in der Dorfmusik oder beim Sportklub vor Ort ausgeübt, legt man heute dafür auch grössere Strecken zurück», nennt Christian Siegenthaler eine Veränderung. Die Auswahl an Freizeitangeboten sei heute zudem viel grösser. Doch woran liegt es, dass Musikvereine oft nicht erste Wahl sind? Ein Problem sei, dass sich beim Erlernen eines Instruments nicht sofort Erfolgserlebnisse einstellten. «Die ersten ein, zwei Jahre nehmen die Kinder Unterricht in der Musikschule und üben allein zu Hause, erst dann treten sie in eine Jugendmusik ein.» Das verlange ein grosses Durchhaltevermögen, weiss Siegenthaler. Das Gruppengefühl und die sozialen Aktivitäten fehlten. «Im Gegensatz dazu können Kinder schon im ersten Fussballtraining mitspielen und sind sofort Teil des Teams.» Ein weiterer kritischer Punkt sei der Übergang von der Jugendmusik zum Erwachsenenverein. Langweilige Proben, Interessenkonflikte mit anderen Hobbys, kaum gleichaltrige Kolleginnen und Kollegen im Orchester sind gemäss Umfrage mögliche Ausstiegsgründe. 

Handlungsbedarf ortet Christian Siegenthaler weiter bei der Kommunikation. «Wir müssen unser Angebot besser bekannt machen.» Dies sehen auch die befragten Vereine so. Vorgeschlagen werden etwa gemeinsame Werbeaktionen oder eine Woche der offenen Blasmusik.  


Neues Freifach «Blasmusik»

Trotz aller Widrigkeiten ist Siegenthaler überzeugt, dass die Musikvereine im Emmental eine Zukunft haben. «Es bestehen durchaus Möglichkeiten, die Jugend besser zu fördern. Das hat auch die Umfrage aufgezeigt.» So habe etwa die Musik Frohsinn Oberburg, wo er selber Mitglied sei, zusammen mit der Schule Oberburg und der Musikschule Burgdorf das Freifach «Blasmusik» ins Leben gerufen. Unterrichtet werde dieses in der Schule von einer Lehrkraft der Musikschule. «Die Musik Frohsinn stellt unterschiedliche Instrumente wie Cornett, Es-Horn oder Euphonium zur Verfügung», erklärt Christian Siegenthaler. Die Kinder lernten dann im Unterricht gemeinsam Ton um Ton und könnten bereits an der Schulweihnachtsfeier ein erstes kleines Konzert geben. «Das Kind hat ein erstes Erfolgserlebnis, das enorm motivierend wirkt. Auch die Eltern sind zufrieden, zumal die Kosten mit 20 Franken pro Schuljahr gering sind.» Der Schritt, später in die Musikschule und zu einem Verein zu wechseln, werde kleiner. Alle könnten also profitieren.


Zusammen mehr Erfolg

Der Schlüssel für eine erfolgreiche Jugendförderung sieht der Sekretär des EMV in der Zusammenarbeit. Auch hier gebe es bereits gute Beispiele. So führten die Musikgesellschaften Sumiswald und Wasen gemeinsam eine Jugendmusik mit insgesamt zwölf Kindern. «Denkbar sind auch grössere Zusammenschlüsse, sodass Orchester mit 20 Mitgliedern und mehr entstehen. Das macht viel mehr Spass als Kleinstgruppen von vier, fünf Kindern.» Zudem, so Siegenthaler, könnten auch personelle Ressourcen gebündelt werden. 

Eine weitere Möglichkeit sind gemeinsame Lager wie etwa diesen Frühling jenes von vier Brassbands. Teilnehmen konnten Kinder, die seit einem Jahr Unterricht nehmen. Oder am Emmentaler March Contest im September haben mehrere Vereine einen Instrumenten-Schnuppernachmittag angeboten. 13 Kinder nahmen teil, an der Rangverkündigung durften sie vor 2000 Leuten eine Fanfare spielen. Das Resultat: leuchtende Augen und drei Anmeldungen für das Blasmusik-Angebot der Schule.


Anleitung für Vereine

Die Umfrageteilnehmer wünschen, dass der EMV seine Rolle als Vermittler zwischen den Vereinen wahrnimmt und den Austausch fördert. In einem nächsten Schritt wird er nun Handlungsanleitungen zu den verschiedenen Möglichkeiten erarbeiten und den Vereinen zur Verfügung stellen. Dies mit dem Ziel, dass zum Beispiel das Schulangebot auch andernorts initiiert wird. Ferner sind weitere Treffen geplant. Christian Siegenthaler macht eine Aufbruchstimmung aus. «Das gibt Hoffnung für die Zukunft.»

07.10.2021 :: Silvia Wullschläger (sws)