In der Natur die Natur malen – mal abstrakt, mal gegenständlich

In der Natur die Natur malen –  mal abstrakt, mal gegenständlich
«Kein Blatt sei vor ihm sicher gewesen», beschreibt Jonathan Josi seine früh gewachsene Liebe zum Papier und zum Gestalten. / Bild: Kathrin Schneider (skw)
Walkringen: Jonathan Josi präsentiert im Moment 53 seiner Bilder in der Galerie Dürrenroth. Entstanden sind sie unter freiem Himmel – im Wechselspiel mit der Natur.

«Kein Blatt sei vor ihm sicher gewesen», beschreibt Jonathan Josi seine früh gewachsene Liebe zum Papier und zum Gestalten. Aufgewachsen ist Josi auf einem Bauernhof in Sumiswald. Eine Begegnung mit dem Künstler Fred Baumann draussen in den Hügeln des Emmentals habe ihm dann das Tor zu einer neuen Welt eröffnet. Baumann erkannte das Talent des Oberstufenschülers. So durfte er ihn manchmal beim Malen begleiten und als 16-Jähriger einen Kurs bei ihm in Frankreich besuchen.


Noch mehr Wertschätzung 

«Ich tauchte in eine neue Welt ein oder konnte die Welt, die mich umgab, neu entdecken. Durch das genaue Hinschauen, den neuen Blickwinkel, resultierte bei mir noch mehr Wertschätzung für die Natur, für die Bäume, aber auch für Häuser oder einfach die Welt, in der wir leben.»

Jonathan Josi wurde Lehrer und entwickelte dabei seine Liebe zur Kunst und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialien laufend weiter. Er probierte unterschiedliche Techniken aus, entdeckte neue Verfahren und genoss den freien Umgang mit Farben und Formen.

Wer Josis Bilder betrachtet, staunt erst einmal über das Zusammenspiel der Farben und der verschiedenen Strukturen. Für ihn existiert zwischen Gegenständlichem und Abstraktem kein Widerspruch. «Das ist für mich nicht von Interesse. Je nach Perspektive erscheinen zum Beispiel unter dem Mikroskop auch Gegenstände abstrakt», erklärt er. Oder aus dem Weltall erscheine alles wie ein Muster aus Farben und Formen. Dieser Gegensatz zwischen Mikro- und Makrokosmos fasziniere und reize ihn.


Das Atelier im Garten

Seit gut zehn Jahren wohnt Jonathan Josi mit seiner Familie in Walkringen. Im Garten beim Haus macht er regelmässig seine «Mal-Sessions», bei denen er sich fast verlieren kann und zeitweise auch nachts seine Bilder bearbeitet. «Zuerst meinte ich, ohne ein eigenes Atelier drinnen könne ich gar nicht malen», sagt er und ergänzt: «Dabei würde ich mich in einem Raum eingesperrt und beengt fühlen.» Meistens entstehen die Bilder am Boden oder auf schräg gestellten Platten. Durch das Arbeiten in der Natur spielt das Wetter beim Entstehungsprozess oft eine nicht unwichtige Rolle. «Wenn der Sturm in der Nacht Blätter herumwirbelt oder die Wasserfarben einfrieren, dann lasse ich diese Wettereinflüsse auf die Bilder einwirken und setze mich neu mit dem Bild auseinander.» Manchmal dauere es eine Stunde, bis ein Werk fertig sei, manchmal auch Jahre. «Es muss mich am Schluss einfach überzeugen und in meinen Augen spannend sein.»


Geschichten hinter dem Bild 

Interessant wäre deshalb oft auch die Geschichte hinter dem Bild. So kann man in der Galerie Dürrenroth zum Beispiel Aschenbilder betrachten, die Jonathan Josi weiterentwickelt hat. «Letztes Jahr wechselten wir von einer Öl- zu einer Pelletheizung. Die Asche dieses Naturprodukts brauchte ich dann als Grundlage für Bilder.» Inspirieren liess er sich dabei von der Aschenmusik des Schweizer Komponisten Heinz Holliger. Mit Stiften, Pinseln und Ölfarben entstand anschliessend eine kreative, neue Bildserie.

02.09.2021 :: Kathrin Schneider (skw)