«Wenn du Angst hast, wirds gefährlich»

«Wenn du Angst hast, wirds gefährlich»
Auf wie neben dem Eis: Yannick Blaser geht mit gutem Beispiel voran. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Seit Jahren ist Yannick Blaser der beste Blocker in der höchsten Schweizer Eishockeyliga. Für seinen Einsatz zahlt der 32-Jährige zuweilen einen hohen Preis.

Es gibt die lauten Spieler. Die zu allem etwas sagen. So einer ist Yannick Blaser nicht. Sein Motto, sagt er, sei vielmehr «Leading by example» – mit gutem Beispiel vorangehen.

Und wie er vorangeht. Furchtlos wirft er sich in die Pucks, welche die Gegner abfeuern. Mal wird er an den Beinen getroffen, mal im Bauch, mal am Kopf. In fast jedem Spiel humpelt er mit schmerzverzehrtem Gesicht vom Eis, lässt sich behandeln und kehrt, wenn es irgendwie geht, wenige Minuten später wieder zurück. Er gilt als der beste Blocker der National League. Allein letzte Saison hat er 121 Schüsse geblockt, im Durchschnitt  3,27 pro Spiel.

«Ich war schon als Junior so», erzählt Yannick Blaser. Geblockte Schüsse seien nun einmal ein wichtiges Puzzleteil im Eishockey. «Wenn ein Puck nicht aufs Tor kommt, besteht auch keine Gefahr, dass er im Tor landet», erklärt es der 32-Jährige ganz simpel.

Fokussiert

Doch die generöse Abwehrleistung hat ihren Preis. Vor fünf Jahren kehrte Yannick Blaser von EV Zug zurück nach Langnau. Von den 271 Meisterschaftsspielen, welche die SCL Tigers seither bestritten, verpasste er 132 verletzungsbedingt. Also fast die Hälfte. Mehrmals waren die Verletzungen die Folge eines geblockten Schusses: einmal brach er sich deswegen die Hand, einmal den Fuss, einmal hatte er einen Riss in der Lunge. «Damals kam ich schon ins Grübeln», gibt der Verteidiger zu.

Blaser ist verheiratet und Vater zweier Söhne. Sie sind acht- und sechsjährig. «Wie gefährlich Eishockey sein kann, realisieren sie noch nicht.» Seine Frau mache sich da schon mehr Sorgen. Er selber aber blendet die Gedanken an Gefahren aus – jedenfalls, sobald er die Schlittschuhe anzieht. «Im Spiel musst du aufs Hockey fokussiert sein, sonst wird es erst recht gefährlich.» Sonst schaffe man es auch nicht, längere Zeit im Spitzensport dabei zu sein.

Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte Yannick Blaser in Langnau. Dann zügelte die Familie nach Luzern, wo sein Vater in der 1. Liga Eishockey spielte. Klein Yannick begann seine Hockeykarriere beim SC Langenthal, ab der Novizenstufe spielte er bei den Tigers. Als Profi führte sein Weg via Langenthal, Basel und Zug zurück nach Langnau. Hier war er seither stets Mitglied im Captains-Team. Er sei ein Spieler, «der versuche, alles zu tun, damit das Team besser wird», sagt er über sich. Er respektiert die 25 unterschiedlichen Charaktere, die im Team zusammenkommen, hat für jeden ein offenes Ohr.

Für die neue Meisterschaft, die nächste Woche beginnt, hat Blaser ein gutes Gefühl. Unter Coach Jason O´Leary werden die Tigers ein anderes System spielen als letzte Saison – nicht mehr Mann gegen Mann in der Defensivzone, sondern Zonenverteidigung mit hoher Aggressivität. Strukturierter auch in der neutralen Zone.

Nachdenklich

Die vergangene Saison war eine schwierige für Langnau. Der wirtschaftliche Überlebenskampf mit den Lohnverzichten, die vielen Niederlagen – sie haben Spuren hinterlassen. «Man darf nicht vergessen», sagt Blaser, «dass wir alles nur Menschen sind.» Familienväter zum Beispiel, die sich Sorgen machen, wie es weitergehen soll, falls sie wegen der Pandemie ihren Beruf aufgeben müssten. Umso mehr ist Blaser stolz, dass das Team nicht auseinandergefallen ist.

Und was ist das Ziel für die neue Saison? Yannick Blaser nennt keine konkrete Platzierung. «Erste Priorität ist, dass wir uns als Mannschaft finden, Automatismen entwickeln. Wenn wir das tun, ist vieles möglich.» Dann dürfe man gross denken, sogar vom Meistertitel träumen. Ist das nicht etwas vermessen? Blaser antwortet trocken: «Wenn du als Sportler nicht jedes Mal gewinnen willst, bist du am falschen Ort.»

Mag sein, dass Yannick Blaser kein lauter Spieler ist, nicht der, der am meisten sagt. «Aber wenn er etwas sagt», berichtet ein enger Vertrauter des Teams, «dann hat es Hand und Fuss.»

02.09.2021 :: Markus Zahno (maz)