Wenn ein Massenprodukt wie Holzplatten plötzlich rar wird

Wenn ein Massenprodukt wie  Holzplatten plötzlich rar wird
Verleimte Holzplatten, wie beispielsweise Dreischichtplatten, sind derzeit so teuer wie noch nie. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Emmental/Entlebuch: Derzeit leidet die Baubranche unter der Abhängigkeit vom Ausland: Viele Rohstoffe sind teurer geworden und werden später geliefert, wie das Beispiel Holz zeigt.

«Wie viel der Bauholzpreis aufgeschlagen hat? Moment, ich habe das kürzlich für einen Dachaufbau genau ausgerechnet», erklärt Bernhard Gerber von der Lädrach Holzbau AG in Konolfingen. «Über alles gesehen, haben die Materialkosten gegenüber 2019 gut 35 Prozent zugelegt.» Dabei gelte es zu berücksichtigen, dass manche Dinge kaum aufgeschlagen hätten. Zu den raren Produkten gehören unter anderem Konstruktionsholz, Holzfaserplatten (Isolation), Grobspannplatten (OSB) wie auch verleimte Massivholzplatten. 

Kann man statt verleimter Ware nicht «normale» Holzbretter verwenden? «Solche Überlegungen macht man sich schon in einer solchen Lage», meint Gerber. Sie würden beispielsweise Rahmenhölzer, die in Innenwänden verbaut werden, aus Holzbrettern selber herstellen. Alternativen gebe es aber nicht immer. Manchmal brauche man einfach verleimte Massivholzplatten, weil breite Bretter aus Massivholz im Lauf der Zeit Risse bekommen würden.


Wann wird geliefert? Und wie teuer? 

«Wenn ich bestelle, erhalte ich eine Meldung, wann die Lieferung erfolgt, aber erst später erfahre ich, wie viel die Ware kostet», nennt Gerber eine Schwierigkeit. Dann stelle sich die Frage, wie viel des Mehrpreises auf den Kunden abgewälzt werden kann. 

Der Verband Berner KMU hat aktuell seinen Mitgliedern Empfehlungen zum Umgang mit dieser Situation zugestellt. Ein Tipp lautet: In den Offerten klar festhalten, dass der Preis und Fertigstellungstermin erst definitiv zu vereinbaren sind, wenn beides verbindlich vorliegt. Schwieriger wirds bei bestehen Werkverträgen: «Wenn möglich, sollte gemeinsam eine Lösung gesucht werden», schreiben die Berner KMU weiter.


«Früher galten Preise oft ein Jahr» 

«Eben sind wieder Preisänderungen von Lieferanten eingetroffen», sagt Matthias Schenk, Leiter Verkauf und Innendienst bei der Firma Deligno am Standort Walkringen. «Früher galten Preise oft ein halbes oder gar ein ganzes Jahr.» Die Ursache für die dynamischen Preise sieht Schenk nicht in der Knappheit an Holz, sondern in einer massiv gesteigerten Nachfrage nach Schnittholz vor allem aus den USA und Asien. Die Holzartikel, welche nun rar und teuer sind, werden zu grossen Teilen in die Schweiz importiert. «Es gibt in Deutschland und Österreich wenige Werke, welche den Markt massgeblich beeinflussen. Weil vorab in den USA die Nachfrage und die Preise gestiegen sind, haben diese Werke mehr dorthin exportiert; mit dem Resultat, dass die Ware noch knapper und die Preise noch höher wurden», erklärt Schenk. Dank guter Beziehungen mit den Lieferanten hätten sie bislang die bestellte Ware noch erhalten, wenn auch mit Verzögerung und zu höheren Preisen.


Kleiner Betrieb mit Nischenprodukten

Riesige Werke wie im Ausland, in denen verleimte Balken und Plattten hergestellt werden, existieren in der Schweiz nicht. 

Es gibt aber in der Region kleinere Firmen, die selber verleimtes Bauholz herstellen. Beispielsweise die Gerber Holz AG in Marbach. «Wir haben uns in den letzten 25 Jahren vor allem mit Nischenprodukten ein Standbein erschaffen, wobei wir immer mit den tiefen EU-Preisen zu kämpfen hatten», erklärt Geschäftsführer Ruedi Gerber. Kommen nun haufenweise Bestellungen? «Ja, derzeit könnten wir auch grosse Aufträge übernehmen», meint Gerber. Sein Betrieb ist auf Monate hinaus ausgebucht, obwohl derzeit 13 statt der üblichen zehn Personen beschäftigt werden. Ruedi Gerber verfolgt den Ansturm aber auch kritisch. «Weil wir so viele Aufträge haben, mussten wir zum Teil auch langjährigen Kunden absagen – ich hoffe, sie bleiben uns treu, wenn sich die Lage normalisiert hat.»


Jetzt ist Schweizer Holz nicht teurer 

Ein Stammkunde der Gerber Holz AG ist die Zimmerei Hirschi AG aus Trub «Wir arbeiten in unserem Betrieb gemäss dem Label ‹Schweizer Holz›», erklärt Geschäftsinhaber Jürg Hirschi. «Das heisst, wir verwenden mindestens 80 Prozent Holz, das hier gewachsen ist und hier verarbeitet worden ist.» Um den Import von Waren kommt die Zimmerei aber nicht ganz herum. «Faserplatten aus Holz, die wir als Dämmung verbauen, werden in der Schweiz schlicht nicht mehr hergestellt», gibt Hirschi zu bedenken, «und ausweichen auf eine Glasfaserplatte oder Kunststoff wollen wir sicher nicht.» Ist Schweizer Holz nicht teurer? «In normalen Zeiten gewisse Produkte schon, bei den derzeit hohen Preisen im Ausland aber nicht unbedingt», meint Jürg Hirschi. «Wir haben glücklicherweise viele Kunden, die sich Schweizer Holz wünschen.» 

Wie lange wird die Hausse bei den Bauholzpreisen noch anhalten? «In den USA stagnieren die Preise», weiss Bernhard Gerber. Und Matthias Schenk berichtet, dass nun ab und zu wieder Vertreter von Firmen sich meldeten, wonach sie gewisse Produkte wieder rascher liefern könnten.

05.08.2021 :: Bruno Zürcher (zue)