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Arbeit, Politik, Familie – wo setzt frau Prioritäten?

Als Unternehmer und Politiker scheint man in einem grossen Spagat zu stehen – das höre ich in meinen Kreisen vorwiegend von Männern, welche sich eben zwei grossen Aufgaben gleichzeitig widmen. Doch wie steht es eigentlich bei all den Frauen, die drei grosse Aufgaben – Arbeit, Politik und Familie – unter einen Hut bringen?

Die Frage «Arbeit, Familie und Politik – was erhält Priorität?» beschäftigt mich aktuell mehr denn je. Wenn es um das Setzen von Prioritäten zwischen Arbeit und Politik geht, dann ist es in meinem Job nicht sehr schwer. Die Politik findet zum festgelegten Zeitpunkt statt, mein Mandat ist in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen. Die Arbeit organisiere ich so gut es geht im Voraus, was nicht planbar und nicht ortsgebunden ist, erledige ich aus dem Rathaus. Zur Not und manchmal zum Leide meiner Arbeitskolleginnen und -kollegen kann ich die Arbeit an jemanden anderes delegieren. Wenn es hart auf hart kommt, priorisiere ich die Politik und stelle die Arbeit hinter her.

Doch was wäre, wenn ein familiäres Ereignis mit meiner politischen Agenda in Konflikt steht? In meinem ersten Jahr im Grossen Rat hatte ich nie Probleme mit der Kinderbetreuung, keine kranken Kinder oder andere, die Familie betreffende Termine. Aber in dieser Session liegen die Karten etwas anders. Mein älterer Sohn hat Einführung in den Kindergarten! Ich hatte mir den Termin längst rot in der Agenda vermerkt. Auf der Einladung steht klar und unmissverständlich: «Die Kinder werden von einem Elternteil begleitet.» Für mich war klar, Politik findet statt. Und: Politik findet auch ohne mich statt. An meinem Entschluss konnte nichts mehr rütteln, bis die Traktandenliste und der Zeitplan der laufenden Session zugestellt wurden. Der für mich schlimmste Fall wird eintreten: Meine Motion «Gleichbehandlung von Solarthermie und Photovoltaik» wird an genau diesem Dienstagnachmittag, zeitgleich mit der Einführung in den Kindergarten, behandelt. Verschieben des Traktandums auf einen anderen Tag ist nicht möglich. Wie gerne würde ich für mein Anliegen persönlich im Rat mitdebattieren. Ich gerate in einen echten Konflikt meiner Prioritäten. Schlussendlich entscheide ich mich für die Kindergarteneinführung meines Sohnes und lasse mich in der Debatte von einem Parteikollegen vertreten. Wie es ausgeht und ob meine Motion im Rat angenommen wird oder nicht, ist noch offen, denn die Debatte findet erst nach Redaktionsschluss dieser Zeitung statt. 

17.06.2021 :: Tabea Bossard-Jenni