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Wenn’s klemmt, harzt’s

Seit einigen Wochen, ja, Monaten, erinnere ich mich immer wieder an die Geschichte jenes Chefs, der
seinen Mitarbeiter namens Joggeli heisst, Birnen zu ernten. Sie erinnern sich bestimmt an dieses Kinderbüchlein, welches lustig illustriert, die totale Arbeitsverweigerung karikiert. Nicht? Also, ganz kurz: Joggeli weigert sich, den Auftrag auszuführen und die Birnen haben ohnehin keine Lust zu fallen. Der Chef hetzt den Hund auf den streikenden Angestellten, doch auch dieser zeigt sich solidarisch mit Joggeli und Birnen und beisst nicht zu. Auch der entsandte Stock zeigt sich nicht schlagfreudig und lässt den Hund befehlsverweigernd in Ruhe. Auch die nächste Massnahme des Chefs greift nicht, das Feuer will den Stock nicht verbrennen. Der Chef droht dem Feuer mit Wasser – vergeblich, das Wasser denkt nicht im Traum daran, das Feuer zu löschen. Das Kalb mag das Wasser nicht trinken, der Metzger daraufhin das Kalb nicht schlachten…

Kurz und schlecht: Der Betrieb steht still, nichts geht mehr.

Im 1908 entstandenen Original von Lisa Wengers Joggeli-Geschichte greift nun der Chef selbst ein. Ob er irgendwelche Zahlungen an den Metzger gestoppt hat oder ihn mit körperlicher oder Waffengewalt zur Ausführung seines Auftrags gezwungen hat, lässt Lisa Wenger tunlichst offen. Gut so, es ist ja schliesslich eine Geschichte für Kinder. Mag sein, dass der Vergleich mit vielen Abläufen des Alltags etwas hinkt und gewisse Ähnlichkeiten dem reinen Zufall entspringen.

Aber wer sich schon mal mit Gesuchen, Anträgen, Beschwerden im Behörden-, Ämter- und Politikdschungel verheddert hat, wird diese Ähnlichkeiten erkennen. Die «Untersten» wollen nicht, weil sie nicht dürfen oder keine Ahnung haben, die nächste Stufe muss sich zuerst weiter oben schlau machen und verspricht, sich zu melden (was von selber dann oft nicht passiert). Wenn doch, wird man nun plötzlich mit völlig neuen Angaben bedient oder an andere Zuständigkeiten verwiesen. Ein Marsch durch die Institutionen, allerdings nicht zwecks Machtergreifung, wie 1967 von Rudi Dutschke propagiert, sondern lediglich zwecks Erhalten einer Bewilligung oder zuverlässigen Auskunft. Darum ist es halt gleichwohl schade, dass uns Lisa Wenger die Art des Druckmittels vorenthalten hat, vielleicht wäre entsprechendes Wissen zuweilen recht nützlich.

03.06.2021 :: Peter Leu