Sicherheit oder Schönheit? Ein kahler Lindenbaum sorgt für Diskussionen

Sicherheit oder Schönheit? Ein kahler Lindenbaum sorgt für Diskussionen
Weil die Linde von Strassen umgeben ist, liess die Gemeinde den Baum sehr kurz schneiden – was für Kritik sorgt. / Bild: Benjamin Stocker-Zaugg (sbr)
Lauperswil: Wie stark darf oder muss eine weithin sichtbare Linde zurückgeschnitten werden? Über diese Frage scheiden sich die Geister. Ein Fachmann zeigt Lösungswege auf.

«Ich träumt in seinem Schatten so manchen süssen Traum», so besingt Franz Schubert auch seine eigenen Jugenderinnerungen im Lied «Der Lindenbaum». 

Die Linde an der Wittenbachstrasse wird in den kommenden Jahren nur wenig Schatten spenden. Sie wurde vor Wochen so stark zurückgeschnitten, dass die Äste nur kurze Stummel sind, die in den Frühlingshimmel ragen. Mehrere Dorfbewohner sind vom Anblick der «gestumpten» Linde verstört, unter ihnen auch Hansruedi Wälti. Er meldete sich schon 2014 zu Wort, als die Wittenbach Linde in derselben Weise geschnitten wurde. «Neuerdings gibt es neben Sommer- und Winterlinden auch Lauperswiler Linden», kommentiert der pensionierte Landwirt den Rückschnitt pointiert. Schlecht sei dies nebst dem traurigen Anblick auch für die Bienen, die nun keine Blüten mehr finden würden. Hansruedi Wälti fordert von der Gemeinde, dass in Zukunft ein Experte die Linden des Dorfes betreut. «Dies wäre eine aktive Massnahme zur Förderung der Biodiversität und Ökovernetzung.»

Es geht auch um die Sicherheit

«Ich kann den Unmut der Bewohner verstehen» , sagt Gemeindepräsident Christian Baumann auf Anfrage. Er sei Imker und kenne den Wert einer blühenden Linde. «Aus Sicherheitsgründen werden die Linden der Gemeinde alle sechs bis sieben Jahre geschnitten.» Dies sei notwendig, da sonst dürre Äste herunterfallen könnten. Gerade beim Wittenbach sei dies ein Risiko: «Der Baum steht nahe an der Hauptstrasse nach Emmenmatt und unter der Linde gibt es eine Sitzbank. Für Unfälle oder Personenschäden wäre die Gemeinde verantwortlich.» In derselben Weise geschnitten wurden auch die Linden beim Schulhaus Emmenmatt und bei der Kirche. Christian Baumann versichert aber auch, dass die Bäume in drei Jahren wieder eine stattliche Baumkrone haben werden.  

Charakteristische Baumform erhalten

«Es ist kein schöner Anblick», meint Simon Thomi, der regelmässig Bäume schneidet. «Man kann eine Linde in dieser Weise zurückschneiden», bestätigt der 30-jährige Gartenbauer. «Der Baum wird sich zwar erholen, aber ein so radikaler Rückschnitt wird die Lebenserwartung zweifellos verkürzen.» Der gelernte Landschaftsgärtner erklärt, dass es auch anders ginge: «Eine Linde kann so geschnitten werden, dass sie ihre charakteristische Form behält und es trotzdem kein dürres Fallholz gibt.» Natürlich sei dies auch eine Preisfrage, fachgerechte Baumpflege sei aufwendiger und dementsprechend teurer. Simon Thomi empfiehlt zudem, Lindenbäume im Herbst zu schneiden, denn dann könnten die Schnittwunden besser ausheilen.

Benjamin Stocker-Zaugg

20.05.2021 :: Benjamin Stocker-Zaugg (sbr)