Wie aus einer Datenwolke ein Unwetter wurde

Wie aus einer Datenwolke ein Unwetter wurde
Und schwupps, hat sich die Datenwolke in Luft aufgelöst. / Bild: Jürg Kühni (JKB)
Landiswil: Die Datenwolke (Cloud) von Landiswil hat sich in Luft aufgelöst. Alle Daten, die seit dem 4. Dezember verarbeitet wurden, sind weg und müssen mühsam rekonstruiert werden.

Am 4. Dezember wurden sämtliche Daten und Programme der Gemeinde Landiswil vom eigenen Server in die «Cloud» eines externen Anbieters transferiert. Eine «Cloud», wörtlich übersetzt eine Wolke, ist ein externer Datenspeicher, auf den per Internetverbindung zugegriffen werden kann – unabhängig vom Ort und vom Endgerät. Der Betreiber der «Cloud» garantiert auch für die Sicherheit der Daten. Im Fall von Landiswil ging das aber schief und aus der Schönwetterwolke entwickelte sich ein veritables Unwetter.

Alles begann gut

Bis zum 22. März herrschte eitler Sonnenschein am Datenhimmel über Landiswil. «Nach der Umstellung auf das ‹Cloud›-System am 4. Dezember funktionierte alles wunderbar», erklärt Gemeindepräsident Samuel Wittwer. Die Angestellten hätten problemlos und schnell auf die Daten zugreifen können, sei es von der Gemeindeverwaltung oder vom Home-office aus. 

Eine neue Lösung brauchte es, weil die IT der Verwaltung veraltet war. Zur Debatte stand, das ganze System inklusive Server zu erneuern oder eben die Dienste eines externen Anbieters zu nutzen. «Wir haben bei anderen Gemeinden nachgefragt, wie sie es machen. Viele arbeiten mit einer ‹Cloud› und waren sehr zufrieden damit», führt Samuel Wittwer aus. Man brauche kein Personal mit spezifischen IT-Kenntnissen, müsse sich nicht um die Datensicherung und Updates kümmern und könne auch von auswärts auf die Daten zugreifen, so die gängigen Pro-Argumente. Sie überzeugten den Gemeinderat und er schloss einen Vertrag von 8500 Franken mit einem Anbieter aus dem Kanton Bern ab. 

Ein Absturz hat Folgen

Niemand bemerkte es, als dunkle Wolken am Horizont aufzogen. Am Wochenende vom 20./21. März führte der «Cloud»-Anbieter ein Update aus, an sich nichts Aussergewöhnliches. «Dabei kam es zu einem Fehler und in der Folge zu einem Absturz», schildert der Gemeindepräsident die Entwicklung. Als die Mitarbeiterinnen am Montag die Computer aufstarteten, war der Zugriff auf den Server nicht möglich. Beruhigend dann die Auskunft bei der Firma. Dazu habe man ein Back-up, also eine Sicherheitskopie aller Daten. Diese könnten problemlos wiederhergestellt werden. Kurz darauf, die Wolken hatten sich längst aufgetürmt, folgte die Schreckensmeldung: Die Datensicherung ist nicht ausgeführt worden. Alle Daten, die seit dem 4. Dezember erfasst wurden, sind unwiderruflich verloren. Als Samuel Wittwer davon erfuhr, fiel er aus allen Wolken, dann folgte ein kurzes und heftiges Donnerwetter. «Ich war fuchsteufelswild», gibt er zu. «Wie kann so etwas geschehen?»

Anbieter steht zum Fehler

Licht ins Dunkle brachten zwei Geschäftsleitungsmitglieder des Anbieters, doch die Stimmung vermochten sie nicht aufzuhellen. «Offenbar haben Mitarbeiter der Firma beim Datentransfer vergessen, die automatische Datensicherung zu aktivieren», beschreibt der Gemeindepräsident die Geschehnisse. Niemand habe das bemerkt, die interne Kontrolle der Firma habe versagt. Die Verantwortlichen seien zu den Fehlern gestanden und hätten zugesichert, sämtliche Kosten, die nun anfallen, zu übernehmen und die Gemeinde zu unterstützen. Das kam beim Gemeinderat gut an. «Alles ist sehr ärgerlich. Aber Fehler passieren nun mal. Es bringt nichts darauf herumzuhacken», sagt Samuel Wittwer. Trotz allem will die Gemeinde an der «Cloud»-Lösung und auch am Anbieter festhalten. Aus diesem Grund würden sie dessen Namen nicht bekannt geben. 

Arbeitspensen erhöht

Als sich die Wolken etwas verzogen hatten, begannen die Angestellten der Verwaltung mit der Arbeit. Und davon gibt es eine ganze Menge. «Wir müssen alle Daten, die weiterverarbeitet werden, nochmals eingeben: die Finanz- und Lohnbuchhaltung, Rechnungen, Briefe, Daten der Einwohnerkontrolle. Praktisch jeden Tag kommt etwas dazu», so Wittwer Zum Glück seien die meisten Protokolle in Papierform vorhanden, diese könnten eingescannt und als PDF gespeichert werden. Um die Arbeiten nebst dem Tagesgeschäft bewältigen zu können, stockten die Angestellten ihre Pensen auf – die Kosten trägt der Anbieter. Wie lange es dauert, bis alle Daten wieder erfasst sind, kann Samuel Wittwer nicht abschätzen. Die Gemeindeversammlung vom 26. Mai wird jedenfalls verschoben – wegen der Jahresrechnung. Das neue Datum gibt der Gemeinderat noch bekannt. Bis dahin sollte das Landiswiler Datenwölkchen wieder ganz harmlos am Himmel schweben.

22.04.2021 :: Silvia Wullschläger (sws)