Wenn ein Arzt zum Mörder wird

Wenn ein Arzt zum Mörder wird
Der Roman hat einen Bezug zu einem richtigen Mordprozess. / Bild: zvg
Langnau: Der neue Kriminalroman von Peter Beutler führt den Leser in die Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts, wo ein Arzt beschuldigt wird, seine Frau mit Arsen ermordet zu haben.

Der Beginn des Romans «Langnauer Gift» ist wie ein Paukenschlag: Im Dorf werden der Arzt Wendolin Roder und seine Freundin Laura Borelli verhaftet. Beiden wird vorgeworfen, Roders Ehefrau Linda vergiftet zu haben. In der Folge werden sie wie Verbrecher behandelt, Mörder hätten keinen Anspruch auf schonungsvolle Behandlung, belehrt sie der Ankläger im «Hirschen»-Stöckli. Beim ersten Verhör darf sich Roder nicht einmal hinsetzen. Sind der schillernde Mediziner mit deutschen Wurzeln und seine Konkubine tatsächlich Mörder? Vor der Justiz jedenfalls sind sie von Beginn an Verurteilte, eine Unschuldsvermutung, die jedem Menschen zusteht, wird ihnen verweigert.

Verhängnisvolle Dreiecksbeziehung

Eigentlich hat der Kriminalroman, der von der ersten bis zur letzten Seite spannend erzählt wird, auch eine beschauliche Note: Er spielt im Dorf Langnau der goldenen Zwanziger Jahre; auf den Strassen fahren Pferdefuhrwerke, vom Bahnhof her sind Dampflokomotiven zu hören, es ist eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs. Vor diesem historischen Hintergrund erzählt Peter Beutler die Geschichte des Wendolin Roder, der an der Kirchgasse eine Praxis eröffnet. Zuerst hat der talentierte Arzt Erfolg. Doch dann beginnt sich eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung zwischen Wendolin, seiner Frau Linda und der Konkubine Laura zu entwickeln. Eines Morgens liegt Linda tot in ihrem Bett, gestorben an der Überdosis eines Arsen-Medikamentes. 

Ein Mord für die Karriereleiter

An diesem Punkt tritt der Regierungsstatthalter und Gerichtspräsident Friedrich Wüterich auf den Plan; ihm kommt der Vorfall gerade recht, denn ein erfolgreicher Mordprozess könnte ihm auf der Karriereleiter behilflich sein. Dabei schreckt Wüterich, Nomen est Omen, vor nichts zurück. Er schüchtert Zeugen ein, stellt Suggestivfragen und fälscht Dokumente. Die Erzählung gipfelt in einer wilden Verfolgungsjagd durch das Emmental, als Roder beim Gefangenentransport nach Burgdorf vorübergehend die Flucht gelingt. Beim Mordprozess hat das Liebespaar keine Chance und wird zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Erst fünf Jahre später kommen sie bei einem Revisionsprozess aufgrund fehlender Beweise wieder frei.

International beachtet

Der Kriminalroman hat einen historischen Bezugspunkt zu einem Mordprozess im Jahr 1926 in Burgdorf. Der Arzt Max Paul Theodor Riedel und seine Partnerin, die Musikerin Antonia Guala wurden wegen Giftmordes an Riedels Ehefrau zu je 20 Jahren Haft verurteilt. Fünf Jahre später folgte der Freispruch. der Prozess fand internationale Beachtung und galt als Paradefall dafür, wie leicht ein Suizid für einen Mord gehalten werden kann.

08.04.2021 :: Benjamin Stocker-Zaugg (sbr)