Irgendwann klappt es

Home-Office hat mich in eine schreckliche Lage manövriert. Mein Bewegungsradius ist eingeschränkt und der Gürtel um die Hüfte um mindestens ein Loch erweitert. Beim Blick in den Spiegel ist klar, so geht es nicht weiter. Neben Lockdown hat sich die Erdanziehung der Wechseljahre über Nacht an mich herangeschlichen. Es gilt Jogginghose mit Hosenträger oder eine Kampfansage. Vor Kosmetik kommt Sport. Ein peinlicher Auftritt im Fitnessstudio bleibt mir dank Virus erspart. Mit Youtube und Podcasts kriege ich das allein hin. Also habe ich die alte Isomatte aus Campingzeiten zu einer Yogamatte umfunktioniert. In die Leggins gewurstelt lege ich gleich mit dem ersten Video los – Einsteiger-Yoga, stehende Übungen. Was folgt, ist eine Reihe unaussprechlicher Asana-Begriffe, Gott sei Dank mit Übersetzung. 

Der Anfang, Tadasana – die Berghaltung, ist super und motiviert mich. Aufrecht stehen kann ich prima und stundenlang. Danach kommen Vibrabhadrasana der Krieger und Vibrahadrasana der zweite Krieger. Ein Ausfallschritt oder eine Grätsche, die Spannung in den Oberschenkeln erzeugt, erst ohne und dann mit waagerecht ausgebreiteten Armen. Ich schaffe es und ignoriere die winkenden Oberarme. Am dritten Krieger scheitere ich, weil meine Beine die Standwaage nicht erzittern wollen. Macht nichts, mit der Zeit wird das besser. Also stürze ich mich auf die Flankendehnungen, denn bei dem Namen denke ich an ein kraftvolles Pferd und werde hellhörig. Utkatasana sieht aus wie eine Sitzung auf dem Klo mit zum Himmel gerichteten Armen. Der Oberschenkel brennt, aber ich versuche die gesteigerte Variante Utthita Parsvakonasana mit und ohne Drehung. Beim Sonnengruss verliere ich das Gleichgewicht und hole mir eine Beule am Türrahmen. Das Hinsetzen auf die Matte kann ich mir sparen, denn ich liege bereits unten, und da möchte ich bleiben. Also spule ich das Video vor und entscheide, sterben möchte ich später. Wenn das Einsteiger-Übungen sind, dann braucht es für mich eine Kategorie davor. 

Aufgeben gilt aber nicht. Ich wähle für mich einen Exkurs ins Hormon-Yoga. Die Blasebalg-Atmung Bhastrika bekomme ich hin. Dann folgt der Hormon-Yoga-Drehsitz, Kopf-Knie-Sitz, die muslimische Gebetshaltung, der halbe Schulterstand, das Krokodil und die Anti-Stress-Übung. Mit dem Zeh in der Nase und Kopfschmerzen gebe ich auf. 

Die Hitzewallungen sind nicht weg. Dann doch lieber einen Hund anschaffen und in die hoffentlich bald geöffnete Gastronomie. Am Stammtisch ein Glas heben ist Sport und ich vermisse es!

04.03.2021 :: Martina Jud