Langnau: Die Lehrerschaft erhält noch einmal Zeit, um über die Bücher zu gehen. Das Parlament, das über das künftige Schulmodell entscheiden wird, will eine klarere Ausgangslage.
«Wenn wir mit den vorliegenden Unterlagen entscheiden müssen, wird es schwierig», meinte der SVP-Parlamentarier Roland Zaugg in der über dreistündigen Sonderdebatte zur möglichen Einführung eines durchlässigen Schulmodells und eines Oberstufenzentrums in der Gemeinde Langnau. Auch Christian Oswald von der SP hielt klipp und klar fest: «So können wir nicht entscheiden!» Obwohl die Mitglieder des Gemeindeparlaments im Hinblick auf die Sitzung vom Montagabend mit fast 100 Seiten versorgt worden waren, war vor allem eines klar: Nichts ist klar.
Fehlende Kompromissbereitschaft?
Kern des Problems ist ein Disput innerhalb der Lehrerschaft. Während sich laut Gesamtschulleiter Markus Brandenberger ein Grossteil der Reallehrkräfte wie auch die Schulleitung für das Modell 4 (siehe Kasten) ausspricht, lehnt das Sek-Kollegium dieses Schulmodell geschlossen ab. Vor den Mitgliedern des Parlament sprachen Gegner wie Befürworter: «Das Modell 4 sieht auf den ersten Blick romantisch aus», hielt die Seklehrerin Sarah Ruesch fest. «Es droht aber die Gefahr, ganz starke und ganz schwache Schülerinnen und Schüler zu verlieren. Das Modell 3b hingegen kostet weniger und bringt mehr.»
«Das Modell 3b ist kein guter Kompromiss», bekräftigte dagegen der Reallehrer Björn Ernst. «Die Einteilung Sek/Real führt zu Fehlern und schmälert die Bildungsgerechtigkeit, und diese soll im Zentrum stehen. Das Modell 4 lässt zudem viel Gestaltungsfreiraum offen.» Dass die Stimmung zwischen den Kollegien zuweilen gehässig ist, zeigt eine Episode: Dem Reallehrer Björn Ernst wurde vorgeworfen, er sei nur für das Modell 4, weil er auch mal gute Schüler unterrichten wolle: «Ich habe nur tolle Schüler», habe er geantwortet.
«Wichtiger ist der Inhalt»
Zu Wort kam auch Christiane Ammann, Bereichsleiterin Berufspraktische Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule (PH) Bern: «Die Lehrerinnen und Lehrer werden so ausgebildet, dass sie das Modell 4 unterrichten können.» Auch entkräftete sie den Vorwurf, das stärkere Schüler in niveaugemischten Klassen gebremst würden. «Unabhängig vom Schulmodell ist es wichtig, den Kindern reichhaltige und vielseitige Aufgaben zu stellen.» Und sie fügte an, dass für die Einführung eines neuen Schulmodells viel Zeit eingeplant werden müsse.
Abklärungen seit 2015
Eine Arbeitsgruppe hat 2015 die Einführung eines durchlässigen Schulmodells geprüft. Der Gemeinderat hat dann 2017 den Startschuss für die weiteren Schritte gegeben: In Workshops, Sitzungen und Schulbesuchen haben sich die Arbeitsgruppe und das Projektteam mit der Thematik auseinandergesetzt. Am Ende wird es das Gemeindeparlament sein, das den strategischen Entscheid über die Ausgestaltung des Schulmodells wird fällen müssen. Vorgesehen war dies im Juni 2021. «Wenn die Situation auch dann noch zerfahren ist, droht eine Rückweisung des Geschäfts», stellte der Parlamentarier Markus Stegmann (SVP) in Aussicht.