Wie soll am Bärenplatz gebaut werden?

Wie soll am Bärenplatz gebaut werden?
Das Richtprojekt zeigt ein Gebäude, wie es laut den Definitionen der ZPP möglich wäre. Das effektive Bauprojekt könnte aber anders aussehen. / Bild: zvg
Langnau: Am 7. März entscheidet das Stimmvolk über die «ZPP Am Bärenplatz». Diese definiert, wie dort gebaut werden kann. Zu reden gibt die Grösse und die Anordnung der Bauten.

Eine kurze Rückblende: Auf dem Areal stand einst der stattliche Gasthof Löwen, später eine Do-it-Migros-Filiale und heute befindet sich dort ein Parkplatz. In naher Zukunft soll dort ein neues Gebäude entstehen. Würde nach der heute geltenden baurechtlichen Grundordnung dort ein neues Haus erstellt, wäre dies viel kleiner als jenes, welches das Richtprojekt (siehe unten rechts) zeigt. Ein kleines Gebäude sei nicht zeitgemäss steht in der Boschaft zur Abstimmung vom 7. März: «Bund und Kanton verlangen von den Gemeinden heute einen haushälterischen Umgang mit dem Boden – und damit verbunden eine stärkere Siedlungsentwicklung nach innen.» 

Begutachtet, was dort möglich ist

Um auszuloten, wie das Areal bebaut werden könnte, hat sich der Gemeinderat entschieden, ein so genanntes Gutachterverfahren durchzuführen. Dieses Vorgehen wurde später in der Mitwirkung kritisiert und ein Architekturwettbewerb verlangt. 

Die Gemeinde und die Grundeigentümerin, die iPlus AG, haben eine Planungsvereinbarung unterzeichnet. Die Firma zahlt die Hälfte des rund 250´000 Franken teuren Gutachterverfahrens. Drei Architekturbüros sowie der Leiter der Denkmalpflege des Kantons haben von 2016 bis 2018 in mehreren Workshops ein Richtprojekt erarbeitet. «Ich masse mir nicht an, über die Architektur zu urteilen», sagte Gemeinderat Niklaus Müller. «Ich hatte aber den Eindruck, dass sehr umfassende Abklärungen vorgenommen und sehr gewissenhaft gearbeitet wurde.» 

Anhand des Richtprojekts hat die Gemeinde dann die Angaben für die Zone mit Planungspflicht definiert. «Dazu gehört unter anderem, dass die Bauten zwingend ein Satteldach aufweisen müssen; dass die Höhe bei der First maximal 19 Meter betragen darf; dass eine Einstellhalle gebaut werden muss oder dass die Gebäude sowohl für Gewerbe wie fürs Wohnen genutzt werden können», nennt Niklaus Müller Beispiele. Für ihn ist die Abstimmung über die «ZPP Am Bärenplatz» die zweite innert weniger Monate. Im Herbst 2020 konnte das Langnauer Stimmvolk an der Urne über die «ZPP Am Ilfiskreisel» entscheiden, nachdem auch dort das Referendum ergriffen worden war. Die Bürgerinnen und Bürger hiessen diese klar gut.

Wurden beim Bärenplatz die Anregungen der Mitwirkung zu wenig berücksichtigt, dass schon wieder ein Referendum ergriffen wurde? «Es gab insgesamt 26 Mitwirkungseingaben, dies bei knapp 6500 Stimmberechtigten. Das muss man schon ein bisschen in Relation stellen. Abgesehen davon flossen Sachen in die ZPP ein», betont Niklaus Müller. Er zeigt trotzdem ein gewisses Verständnis für das Referendumskomitee: «Es ist in der aktuell geltenden Planungspolitik die einzige Möglichkeit, dagegen zu sein. Nun wird halt auch hier das Stimmvolk entscheiden.» 

Wie weiter bei Ja oder Nein?

Sagt das Volk Ja, würde als nächster Schritt die Überbauungsordnung ausgearbeitet, die durch den Gemeinderat genehmigt würde. Anschliessend könnte die Bauherrschaft das Baugesuch einreichen. «Das Resultat der Abstimmung hätte wohl auch einen gewissen Einfluss auf die Überbauungsordnung. Je grösser die Zustimmung zur ZPP, desto mehr ist die gemachte Planung legitimiert», ist der Gemeinderat überzeugt. 

Und was passiert bei einem Nein? «Im Moment würde nichts ändern», sagt Müller. «Die heute gültige baurechtliche Grundordnung wäre weiterhin in Kraft. Das angedachte Projekt wäre sicher nicht möglich.» Ob dann ein neuer Anlauf für eine «ZPP Am Bärenplatz» genommen würde, könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. «Ich hoffe auf ein klares Ja zur ZPP Am Bärenplatz. Sie ist eine ausgewogene Lösung, welche relevanten Themen berücksichtigt.» 

«Grösstmögliche Rendite war nie ein Thema»

Stefan Lehmann ist Verwaltungsratspräsident der iPlus AG, in deren Besitz sich das Areal befindet. Er hofft logischerweise auf eine Annahme der Zone mit Planungspflicht «ZPP Am Bärenplatz». 

«Es ist ein Produkt einer intensiven Arbeit eines grossen Teams», erklärt Stefan Lehmann. «Alleine unser Büro hat rund 7000 Stunden in das Projekt investiert.» Er betont, dass das qualitätssichernde Verfahren von renommierten Architekten geleitet worden sei. Den Kritikpunkt, wonach ein voluminöses Gebäude ermöglicht werden solle, um die Rendite zu maximieren, weist Lehmann zurück. «Die grösstmögliche Rendite war nie ein Thema.»

Pläne nicht in Stein gemeisselt

Würde bei einem Ja das Haus, wie es auf der Visualisierung zu sehen ist, eins zu eins so gebaut? «Das ist völlig offen», sagt Lehmann. «Weil wir die baurechtliche Grundordnung noch nicht haben, konnten wir noch keine Verträge abschliessen und demnach die Planung nicht vorantreiben.» Die Visualisierung zeige einfach auf, wie ein Gebäude nach den Regeln der ZPP aussehen könnte. Es könne aber durchaus sein, dass der spätere Bau je nach Nutzung etwas anders aussehen werde.  

«Wir konnten uns gar nicht früher wehren»

Das Komitee, das gegen die baurechtliche Grundordnung das Referendum ergriffen hat, führte letzte Woche unter Einhaltung der Covid-19-Bestimmungen eine bewilligte Aktion durch. Mit einer 14 Meter langen Latte markierte das Komitee, wo die Ecke des Gebäudes zu stehen käme und wie hoch dieses werden könnte. Renato Giacometti gehört dem Komitee an und packte auch mit an, um die Holzlatte aufzustellen. 


Herr Giacometti, warum haben Sie diese Aktion durchgeführt?

Wir haben bei der Gemeinde angefragt, ob Profile aufgestellt werden könnten, damit sich die Bevölkerung ein Bild der Dimensionen machen kann. Die Gemeinde hat dies abgelehnt; Profile brauchts erst bei einem Baugesuch zwingend. Das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung kann hingegen verlangen, dass bereits jetzt Profile aufgestellt werden. Wir haben nun dort ein entsprechendes Gesuch eingereicht. 


Der Hauptkritikpunkt ist also die Grösse.

Ein riesiges Ensemble könnte dort erstellt werden. Dieser Neubau würde das historische Zentrum Langnaus absolut dominieren. Sängerhaus, «Chüechlihus», «Bären» und Kirche – das sind wichtige Baudenkmäler. Der Neubau würde auch weiter in den Platz ragen als die anderen Gebäude.

Der Bärenplatz ist heute eine riesige Kreuzung. Muss das so bleiben?

Wir sind der Meinung, dass vor allem das Trottoir um das Gebäude herum grosszügiger gestaltet werden sollte. Laut den Vorgaben der ZPP ist dieses sehr schmal. Wir begrüssen, dass künftig Tempo 30 gelten wird, finden es aber schade, dass der Verkehr in einem separaten Projekt behandelt wird. 


Viele Befürworter können nicht nachvollziehen, dass erst jetzt Widerstand gegen die «ZPP Am Bärenplatz» erstarkt.

Das liegt am Verfahren: Der Gemeinderat legte das Planungsverfahren fest, dann genehmigte das Parlament die ZPP – das Referendum war die erste Möglichkeit, sich zu wehren! Dass das Projekt dadurch verzögert wird, tut mir für die Bauherren leid. 


Wie soll es weitergehen, wenn Sie gewinnen? 

Wir fordern eine qualitativ bessere Planung für diesen wichtigen Platz; konkret einen Architekturwettbewerb. Es gibt auch bei den Befürwortern kaum jemand, der sagt, das Richtprojekt sehe nun absolut super aus.  


Wie stehen Ihre Chancen?

Ich habe den Eindruck, dass mehr als die Hälfte der Leute dort einen anderen Bau möchte. Der Bärenplatz ist den Leuten wichtig.  

18.02.2021 :: Bruno Zürcher (zue)