«Ich spiele, wenn ich 100 Prozent fit bin»

«Ich spiele, wenn ich 100 Prozent fit bin»
Auf dem Weg zurück: Derzeit trainiert Samuel Erni mehr im Fitnessstudio als auf dem Eis. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen traf Covid-19 auch die Spieler der SCL Tigers, einen davon besonders: Samuel Erni kämpft derzeit immer noch mit den Folgen der Krankheit.

«Es ist jetzt einfach so, ändern kann ich das nicht mehr. Das Einzige, was ich machen kann, ist positiv vorwärts zu schauen», erklärt Samuel Erni, Bezug nehmend auf die Folgen seiner Corona-Erkrankung. Am Anfang habe er Symptome, wie eine verstopfte Nase, ähnlich einer Erkältung gehabt, erzählt Erni: «Da dachte ich mir noch, das wird schon wieder. Zwei, drei Tage Ruhe und ich stehe wieder im Training». Daraus wurde nichts. Samuel Erni bekam sogar beim Sitzen auf dem Sofa Atemnot. Dass Corona nicht bloss eine Grippe ist, wurde ihm bewusst, als er kaum mehr auf dem Velo sitzen konnte: «Ich war nicht mehr in der Lage mit Widerstand in die Pedale meines Hometrainers zu treten, ohne in Atemnot zu geraten», so der Verteidiger. Mittlerweile sei er so weit genesen, dass er den Alltag problemlos meistern könne. Was das Training und die Matches anbelangt, so wird es noch eine Weile dauern, bis der 29-Jährige den Puck wieder an seinen Stock heranlassen kann. 


Daten verraten viel

Nach seiner Erkrankung durchlief Samuel Erni diverse Untersuchungen, darunter war auch ein Labor-Test, der eine Infektion anzeigte. Auf diese Infektion wies auch die erhöhte Herz-Ruhe-Frequenz hin,  erklärt der Athletik-Coach Nik Hess: «Dadurch, dass wir die Puls- und Herzfrequenzen der Spieler während der Trainings und Matches ständig via Pulsbänder messen, zeichnete sich die Veränderung der Herz-Ruhe-Frequenz von Samuel Erni deutlich ab». In diesem Stadium der Genesung im Ausdauerbereich zu trainieren, wäre für jeden Menschen fatal. Bis geklärt ist, dass der Herzmuskel nicht mehr entzündet ist. Deshalb habe Samuel Erni auch seitens der Klub-Verantwortlichen alle Zeit bekommen, die er brauche, um wieder gesund zu werden. Erni werde streng medizinisch überwacht, betont Nik Hess. «Mit verschiedenen EKGs, mit Ultraschall und einem Leistungstest überprüfen die Ärzte und wir Coaches immer wieder Samuels Zustand.» 


Teil des Teams bleiben

Wichtig sei – nicht zuletzt für seine Moral – dass Samuel Erni Teil der Mannschaft sein könne. In regelmässigen Abständen absolviere er bereits ein paar wenige Krafteinheiten, die Nik Hess für ihn zusammengestellt hat. Nachdem Erni über 48 Stunden symptomfrei war, durfte er zu den üblichen Trainings- und Fitnesszeiten mit dem Team sein. «Ich habe mich gefreut, nach meiner Quarantänezeit wieder zu den Jungs in die Garderobe zu dürfen. Einzig mit ihnen spielen kann ich noch nicht», bedauert der Thurgauer. Die Spiele habe er gemütlich daheim vom Sofa aus im Fernseher geschaut. 


Grünes Licht der Ärzte zählt

«Erst wenn die Ärzte ihm grünes Licht geben, können wir mit dem Ausdauertraining beginnen. Dabei werden wir uns langsam steigern, bis Samuel wieder in der Lage ist, mit kardiovaskulären Belastungen seine maximale Herzfrequenz auszuhalten», erklärt Nik Hess den Ansatz des Return-to-play-Programms, ein Stufenprogramm welches die verletzten oder erkrankten Spieler Schritt für Schritt wieder zurückführen soll, ähnlich wie es nach Hirnerschütterungen zum Einsatz kommt. Wobei dieses Programm nicht bei jedem Spieler eins zu eins übernommen werden könne, so Hess. «Das ist eher wie ein Leitfaden zu verstehen, den wir Coaches als Orientierungshilfe benutzen. Das konkrete Rehabilitationsprogramm muss für jeden Spieler individuell erstellt werden.» 


Wenig Erfahrung nach Corona

Bei typischen Eishockey-Verletzungen gebe es viele Erfahrungswerte und Ansätze, wie man die Spieler wieder zurück zu ihrer Leistung führen könne, so der Athletik-Coach. «Aber was die Corona-Rekonvaleszenz anbelangt, so gibt es noch nicht wahnsinnig viele Daten und Erkenntnisse. Deshalb ist es für mich spannend und interessant, mit Samuel arbeiten zu dürfen.» Wobei, und das betont Nik Hess mehrmals mit Nachdruck, oberste Priorität ganz klar die vollständige Genesung hat. «Wir machen nichts, was Samuels Herz belasten oder seine Gesundheit gefährden würde.» Wie lange es bis zur Rückkehr dauert, könne man nicht sagen. «Ich werde erst wieder spielen, wenn ich 100 Prozent fit bin, es mir die Ärzte erlauben und ich wieder soweit bin,  dass ich mit den Jungs auf dem Eis mithalten kann», gibt sich Erni positiv und gleichzeitig realistisch. Er möchte sich nun ganz auf sich und seine Genesung konzentrieren und werde deshalb keine weiteren Auskünfte über seine Gesundheit an Medienvertreter geben.

03.12.2020 :: Olivia Portmann (opk)