Sich künstlerisch mit Corona befasst

Sich künstlerisch mit Corona befasst
Diese Zeichnung zu Corona stammt von Jean-Marie Kibblewhite aus Oberburg.
Kanton Bern: Während des Lockdowns bot die VHS plus den Fernkurs «Corona kreativ» für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung an. Die Werke sind vorerst nur online zu sehen.

Wegen der Corona-Pandemie musste die Volkshochschule plus (siehe Kasten) im Frühling viele Angebote absagen. Stattdessen wurden mehrere Fernkurse angeboten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten anhand von Lernvideos kochen oder tanzen, via Zoom einen Computer-Kurs absolvieren oder sich künstlerisch betätigen und die Werke einschicken. «Diese Kurse stiessen auf grosses Interesse», sagt Sara Heer, Leiterin der VHS plus. Für «Corona kreativ» hätten sich innert kurzer Zeit 16 Männer und Frauen angemeldet. Die Menschen mit einer geistigen
Beeinträchtigung haben sich unter Anleitung mit ihren Gedanken und Gefühlen rund um Corona auseinandergesetzt und Werke dazu angefertigt. Es entstanden Bilder, Collagen, Geschichten und Skulpturen. Die Ausstellung musste wegen der Corona-Massnahmen verschoben werden, die Werke sind vorerst unter www.vhsplus.ch (Rubrik Neues) zu sehen.

Anleitung per Video 

Kursleiterin Katharina Schär hat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angeleitet. Zuerst nahm sie mit jeder Person Kontakt auf, wobei die technischen Möglichkeiten sehr unterschiedlich waren. «Manche hatten Zoom, Skype oder Facetime installiert, mit anderen habe ich per Telefon, Whatsapp oder Mail kommuniziert.» Ihr sei es wichtig gewesen, jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer kennenzulernen, um auf deren Möglichkeiten eingehen zu können. 

Katharina Schär drehte in ihrem Atelier drei kurze Filme, die sie den Teilnehmenden schickte. Darin zeigte sie zum Beispiel, welche Materialen verwendet werden könnten und wie diese einzusetzen sind. «Da man während des Lockdowns vieles nicht einkaufen konnte, überlegte ich mir, was die Teilnehmenden wohl zu Hause haben», schildert die Kursleiterin ihr Vorgehen. Das waren vor allem Wasserfarben, Farbstifte, Neocolor, Papier und Karton. Weiter habe sie dann verschiedene Techniken vorgestellt. Manche Teilnehmenden wollten lieber mit Worten arbeiten. «Ihnen habe ich zum Beispiel vorgeschlagen, Begriffe im Zusammenhang mit Corona zu sammeln und dann Sätze zu bilden», erklärt Katharina Schär. So ist etwa ein Märchen entstanden. Wichtig war, während des ganzen Kurses in Kontakt zu bleiben. «Die Anrufe von mir waren sehr willkommen, denn die fehlenden Kontakte haben allen zu schaffen gemacht.» 

Mit Engagement dabei

Die Kursleiterin hat sich gefreut, was für unterschiedliche Werke schlussendlich eingeschickt worden sind. Manche hätten ihrer Angst vor dem Virus Ausdruck verliehen, andere sich eine Insel geschaffen, auf der alles schön und gut ist. «Es hat mich beeindruckt, wie eifrig alle dabei waren und wie sie, trotz aller Einschränkungen wegen Corona, ihren Alltag in einer positiven Haltung gemeistert haben.» Mehrfach hätten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich ausgemalt, was sie alles tun wollten, wenn Corona vorbei sei.

Das grosse Engagement der Künstlerinnen und Künstler habe sich auch während der Vorbereitung der Ausstellung gezeigt, betont Katharina Schär. «Wir haben uns in zwei Gruppen getroffen. Alle konnten die eigenen Werke vorstellen und ihre Überlegungen dazu schildern, was sie mit Stolz taten. Schliesslich hat jedes Ausstellungsstück einen Namen erhalten.» Sie hätten es geschätzt, die anderen Kursteilnehmenden persönlich kennenzulernen. Es sei schade, könne die Ausstellung nun nicht stattfinden, hoffentlich klappe es im Frühjahr.

Fernkurse bleiben im Programm

Dass der persönliche Kontakt sehr wichtig ist, hat auch Sara Heer, Leiterin der VHS plus, festgestellt. Im neuen Programm hätten sie ein paar «Zuhause-Kurse» aufgenommen, das Interesse daran sei jedoch bislang gering. So musste «Ich und die Zeit nach Corona» abgesagt werden. Ab Januar werden zwei Tanzkurse sowie ein Whatsapp-Kurs angeboten. Grundsätzlich sei sie überzeugt, dass solche Fernkurse mit der Zeit ein Publikum ansprechen würden, sagt Sara Heer. Sie denkt dabei etwas an Menschen mit eingeschränkter Mobilität, die nur mit Begleitung an die Kursorte gelangen können oder solche, die sich nicht gerne in grösseren Gruppen aufhalten. Ein weiterer Vorteil sei, dass man die Lernvideos dann anschauen könne, wenn es zeitlich passe. Und man könne Pausen machen. «Was jedoch ein Hindernis darstellt, ist die Technik», stellt die Leiterin der VHS plus fest. Nicht alle hätten zum Beispiel Zoom, und um dies zu installieren, brauche es bestimmte technische Kenntnisse und Ausrüstung. Oftmals sei ein Mitmachen nur dank der Unterstützung durch Bezugspersonen möglich gewesen. «Wir sind am Prüfen, was sich besser eignen würde.»

Die Volkshochschule plus

Die Volkshochschule plus bietet Kurse an für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Sie finden im gesamten deutschsprachigen Teil des Kantons Bern statt. Einige Kurse stehen Erwachsenen mit und ohne Behinderung offen.

Pro Jahr besuchen rund 780 Personen etwa 80 Kurse in den verschiedenen Regionen, so auch im
Emmental. Die Kursthemen sind vielfältig und decken die unterschiedlichsten Interessen ab.

Kursprogramm: www.vhsplus.ch/Kurse

29.10.2020 :: Silvia Wullschläger (sws)