«Die Leidtragenden sind unsere Fans»

«Die Leidtragenden sind unsere Fans»
Seit letztem Sonntag dürfen wiederum nur 1000 Personen gleichzeitig in der Ilfishalle sein. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Nach dem überraschenden Entscheid des Kantons Bern, die Zuschauergrenze für Grossanlässe auf 1000 zu senken, blieb den Berner Sportklubs wenig Zeit, sich zu arrangieren.

Äusserlich gelassen und mit stoischer Ruhe erklärt SCL-Tigers-Geschäftsführer Peter Müller: «Es lohnt sich nicht, Energie zu verschwenden für etwas, das wir nicht ändern können.» Klar sei aber, gibt Müller zu, «hätten wir sehr gerne etwas mehr Zeit gehabt, um die geforderten Massnahmen für alle Beteiligten so fair wie möglich umzusetzen.» Nachdem Müller am Sonntag die Medienkonferenz des Bundesrats verfolgt hatte und sich schon zufrieden zurücklehnen wollte, da die Senkung der Zuschauerzahlen bei Grossanlässen kein Thema war, kam das Telefon vom Kanton. «Auch wenn ich Verständnis habe für die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie, so waren wir doch etwas überrumpelt von der plötzlichen Mitteilung des Kantons, Veranstaltungen mit über 1000 Personen zu verbieten, und der Geschwindigkeit, mit welcher der Kanton Bern entschieden und kommuniziert hat», gibt Müller zu. «Nach unserer Einschätzung griffen die Schutzkonzepte und unsere Fans haben sich in den zwei Spielen gut an die Vorgaben gehalten. Wir akzeptieren den Entscheid, verstehen diesen aber nicht und konzentrieren uns deshalb darauf, mit den geänderten Rahmenbedingen das Bestmögliche zu machen», erklärt Müller. Man habe schnell Kontakt mit der National League und den anderen Eishockeyklubs aufgenommen und die Situation besprochen. Zwischen der Liga und den Klubs herrsche mittlerweile eine gute Kultur des Zusammenarbeitens, erklärt Müller. So bestehe zwar bei anderen die Angst, ihre Kantonsregierungen könnten nachziehen, jedoch versuche man, sich gegenseitig in einer Lösungsfindung zu unterstützen. 


Die gut 920 Tickets waren schnell weg

Die SCL Tigers wie auch der EHC Biel mussten am schnellsten reagieren, beide hatten am Dienstag Heimspiele: «Wir mussten uns zuallererst um das Dienstagsspiel kümmern», sagt Peter Müller. Nach Abzug des Staff und der Mitarbeiter bleiben für Zuschauer gut 920 Tickets übrig. Um ein solches Ticket zu ergattern, konnten sich die Abo-Besitzer online anmelden. Für Polemik oder gar Bekämpfung der Entscheidung des Kantons habe man weder Zeit noch Energie gehabt. Neben der 1000er-Grenze müssen auch wieder in sich geschlossene Sektoren gebildet werden. Auch das gab den Tigers-Verantwortlichen einiges zu tun, so mussten wiederum separate Ein- und Ausgänge, WC-Anlagen sowie Essens- und Getränkestände für jeden Sektor bereitgestellt werden. Es sei ihm bewusst, dass nicht ganz alle Fans mit der Art und Weise, wie die Tickets vergeben worden sind, zufrieden waren, erklärt Müller: «Wir haben schon das eine oder andere Mail von gefrusteten Fans erhalten, die wohl zu spät waren, um ein Ticket zu ergattern. Dafür haben wir vollstes Verständnis. Ist ja auch klar: Die Tickets waren bereits alle draussen, man hat sich auf das Dienstagsspiel gefreut und dann kann man doch nicht dabei sein.» Umso erfreulicher sei es aber, dass wiederum eine grosse Solidarität spürbar sei und die meisten Beteiligten mit Verständnis und Besonnenheit auf die Situation reagierten. «Für uns heisst das einfach, dass wir wieder weniger Leistung erbringen können für das, was unsere Fans und Sponsoren bezahlt haben. Die wirklich Leidtragenden sind unsere Fans», so der Geschäftsführer. 

Berner Klubs halten zusammen

Leidtragend könnte aber auf Dauer auch die Kasse sein. Obwohl die Abonnemente alle bezahlt sind, fehlen an den Spielabenden die Gastronomieeinnahmen. Wie lange der Klub das durchhalten kann und ob die Tigers nicht doch noch irgendwann dem Kanton finanzielle Forderungen für all diese Ausfälle und Mehraufwände stellen werde, konnte Peter Müller noch nicht sagen. Nur soviel: «Wir Berner Klubs halten zusammen und stehen in einem regen Austausch. Denn jetzt ist es wirklich wichtig, dass wir nicht wie im Kindergarten ‹täupelen› und polemisieren, sondern den Politikern auf Augenhöhe erklären, unter welchen Rahmenbedingungen wir noch rentabel weiterarbeiten können.» Denn eines ist klar, betont Peter Müller: «Wir wollen und müssen spielen.» Bis zur Natipause im November wird nun mal so gespielt, danach werde mit dem Verband Bilanz gezogen.

22.10.2020 :: Olivia Portmann (opk)