Nicht lustig

«Schreib eine lustige Kolumne», flüstert meine innere Stimme. «Immerhin haben es die Menschen in diesen maskierten Zeiten schwer genug», raunt sie mir zu. Doch es nützt alles nichts. Sogar den letzten guten Witz, den ich hörte, hab ich vergessen. Schon ein paar Wochen habe ich Halluzinationen. Bei einem Schattenwurf vermute ich meine Katze Heidi. Wenn ich heimkomme, erwarte ich Heidi an der Tür. Bei meinen suchenden Blicken auf ihre Schlafplätze meinte ich letztens sogar, sie zu sehen. Aber es war nur der Hut meines Partners, der seine Kopfbedeckung auf die Sitzfläche ihres Lieblingsstuhls gelegt hatte. 

Nach zwölf wunderbaren Jahren mit meiner Katze mussten wir Heidi Ende August einschläfern lassen. Allein das Wort «einschläfern» bereitet mir Übelkeit. Nach der hoffnungslosen Dia-gnose Mitte März hatten wir noch sechs Monate zusammen, obwohl nur ein paar Wochen prophezeit wurden. Doch dann kam der Tag, an dem Heidi Atemnot bekam, nichts mehr frass – und litt. Obwohl ich weiss, dass es richtig war, sie gehen zu lassen, bleibt dieses miese Gefühl, diesem kleinen Geschöpf das Leben genommen zu haben. Sie sass auf diesem Stuhl und schnaufte über Stunden fürchterlich. Am Abend dann entschied ich, die Tierärztin anzurufen. Zu grausam war die Vorstellung, die Katze über Nacht ersticken zu lassen.

Immer noch mit Zuversicht bugsierte ich Heidi in die Katzenbox. Immerhin konnte es ja sein, dass es ein Medikament gab, das ihr die Atemnot nahm. Doch die Ärztin konnte nicht helfen und legte uns nah, unser Tierchen zu erlösen. Meine Vorstellung von dieser Prozedur war: Sie bekommt eine Schlafspritze, dann wird die todbringende Substanz gespritzt. Doch wir hatten die Rechnung ohne Heidi gemacht. Sie dachte nicht daran, nach der ersten Injektion einzuschlafen, dafür bäumte sie sich auf, schrie erbärmlich, schlug wild um sich. Erst eine weitere Dosis brachte Heidi zur Ruhe. Dann musste ich völlig fertig den Behandlungsraum verlassen und überliess meinem Partner das Feld, der seine Hand unter Heidis Köpfchen schob. Dieses Szenario wiederholt sich seither immer wieder in meinem Kopf. Ich weiss, dass wir richtig gehandelt haben, und Heidi hatte das verdammte Recht, sich zu wehren, denn Zeit ihres Lebens setzte sie mit ausgefahrenen Krallen ihren Kopf durch. Ich vermisse dieses Geschöpf wahnsinnig und bin trauerkrank. Eine neue Katze kommt im Moment nicht in Frage, auch wenn gerade viele süsse Katzenbabys ein zu Hause suchen. 

Meine nächste Kolumne wird lustig: Versprochen!

15.10.2020 :: Christina Burghagen (cbs)