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«Halt an, wo läufst du hin?»

Was die Corona-Pandemie an Veränderungen im persönlichen Leben und dem der menschlichen Gesellschaft noch bringen wird, lässt sich im Moment nicht so leicht sagen. Von einer Wirkung bin ich schon heute überzeugt: Corona zwingt uns, ernsthaft und selbstkritisch über die Wertordnung nachzudenken und jene Korrekturen, die sich uns aufdrängen, mutig vorzunehmen. Dabei kann uns die folgende Tierfabel behilflich sein.

Eines schönen Morgens glitt eine Spinne vom hohen Baum am festen Faden herab. Unten im Gebüsch baute sie ihr Netz, das sie im Lauf des Tages immer grossartiger entwickelte und mit dem sie reiche Beute fing. Als es Abend geworden war, lief sie ihr Netz noch einmal ab und betrachtete es mit Wohlgefallen und Stolz. Da entdeckte sie auch wieder den Faden nach oben, den sie über ihrer betriebsamen Geschäftigkeit ganz vergessen hatte. Doch da sie nicht mehr wusste, wozu er diente, hielt sie ihn für überflüssig und biss ihn kurzerhand ab. Sofort fiel das Netz über ihr zusammen, wickelte sich um sie wie ein nasser Lappen und erstickte sie. 

Die Spinne in dieser Geschichte warnt uns: «Macht es nicht wie ich, die den Faden, der euch mit oben verbindet, zerstört! In eurer Gottvergessenheit und Oberflächlichkeit seid ihr manchmal auch in Gefahr, das Gleiche zu tun.» Und was die Verbindung zu Gott betrifft, wollen wir die Mahnung des Dichters Angelus Silesius beherzigen (und versuchen, sie in kinder- und jugendgerechter Sprache auch den Jungen weiterzugeben): «Halt an, wo läufst du hin, der Himmel ist in dir: Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.» Nehmen wir also die Lehre dieser Geschichte mit in die nächste Woche: Die Verbindung mit oben (mit Gott) nicht vernachlässigen oder gar zerstören, damit wir am Himmel, am wahren Glück nicht achtlos vorbeigehen.

24.09.2020 :: Rudolf Vogel