«Mit dunkelblauem Auge davonkommen»

«Mit dunkelblauem Auge davonkommen»
Die Podiumsteilnehmer lauschen den Ausführungen von Daniel Koch. / Bild: Walter Marti (mwl)
Emmental: KMU und Landwirtschaft zogen eine Zwischenbilanz zur Bewältigung der CoronaPandemie. Dank Solidarität und Kompromissbereitschaft werde die Schweiz die Krise meistern.

Walter Gerber, Präsident des Netzwerkes Wirtschaft Emmental, konnte am diesjährigen Herbstanlass über 300 Besucherinnen und Besucher aus Wirtschaft und Politik in der Markthalle Burgdorf begrüssen. Die Corona-Pandemie habe nicht nur zu Einschränkungen der persönlichen Freiheit geführt. «Das wird zu einer nachhaltigen Veränderung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft führen, wie beim Fall der Berliner Mauer», meinte er in seiner Begrüssungsansprache.

Ideologische Leitlinien verlassen

Was bedeutet die Krise für die KMU? Zu dieser Frage äusserte sich Hans-Ulrich Bigler, Direktor des schweizerischen Gewerbeverbandes. Bei der Bewältigung der Krise sei zurecht zuerst der Gesundheitsschutz im Vordergrund gestanden. Man habe aber dann rasch gemerkt, dass es ein Gleichgewicht zur Wirtschaft brauche, weil langfristig nur eine gut funktionierende Wirtschaft ein Gesundheitswesen auf hohem Niveau ermögliche. 

Der Lockout sei anspruchsvoller als der Lockdown. «Diesbezüglich befinden wir uns in einem Lernprozess. Alle Beteiligten müssen ideologische Leitlinien verlassen und real nach Lösungen suchen», meinte Bigler und lobte die gute Zusammenarbeit mit Bund, Kantonen und Sozialpartnern. Die vielen Corona-bedingten, staatlichen Regelungen seien mit der Zeit aufzuheben, die Schulden abzubauen und der Wettbewerb müsse vermehrt wieder spielen. Abschliessend hielt Hans-Ulrich Bigler fest: «Wir sind auf einem guten, aber schwierigen Weg. Unsere robusten, innovativen Betriebe werden dafür sorgen, dass wir mit einem dunkelblauen Auge davonkommen werden.»

Grosse Wertschätzung erfahren

Die Berner Landwirtschaft sei vom Coronavirus in mancherlei Hinsicht betroffen, erklärte Hans Jörg Rüegsegger, Präsident des Berner Bauernverbands. Als Beispiele nannte er die ausbleibenden Erntehelfer, Absatzprobleme bei Rind- und Kalbfleisch im Gastrobereich, abgesagte Schlachtvieh- und Wochenmärkte oder Ausstellungen. Nebenerwerbslandwirte hätten teilweise ebenfalls Einbussen erlitten, zum Beispiel bei Anstellungen im Tourismusbereich. Dagegen hätten die Hofläden mehr Umsatz gemacht. «Die Landwirtschaft hat insgesamt eine grosse Wertschätzung erfahren. Die Konsumenten sind bezüglich nachhaltiger Produktion und Versorgungssicherheit deutlich mehr sensibilisiert», zog Rüegsegger Bilanz.

Gesellschaft soll funktionieren

Am Podiumsgespräch – geleitet von Karen Wiedmer, Geschäftsführerin der Regionalkonferenz Emmental – nahm auch Daniel Koch, ehemaliger Leiter der Abteilung übertragbare Krankheiten des Bundesamts für Gesundheit (BAG), teil. «Solche Pandemien sind nicht voraussehbar. Überrascht hat weltweit die hohe Geschwindigkeit der Ausbreitung», hielt er fest. Erfolgreiche Strategien seien nur durch eine hohe Flexibilität und Kompromissbereitschaft sowie Solidarität aller Beteiligten entwickel- und umsetzbar. Eine nachhaltige Akzeptanz der Massnahmen sei nur dann erfolgversprechend, wenn die Gesellschaft funktionieren könne. «Was dank gutem Schutzkonzept mit kalkulierbarem Risiko möglich ist, soll man machen können, zum Beispiel auch den Besuch von Eishockeyspielen», fügte er an. Koch glaubt an eine baldige -Entwicklung eines Impfstoffs. Die Ein-führung könne aber noch dauern, da -seriöse Erkenntnisse zu Wirkung und Nebenwirkungen nötig seien. Bis es soweit sei, müssten die Tests ausgebaut werden und die Resultate rascher vorliegen, betonte der Gesundheitsexperte. Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass man vorsichtig bleiben müsse, die Krise aber meistern werde.

17.09.2020 :: Walter Marti (mwl)