«Ich habe nichts zu verlieren und kann mit dem neuen Ski neu anfangen»

«Ich habe nichts zu verlieren und kann mit dem neuen Ski neu anfangen»
Luca Aerni war letzte Woche erstmals wieder im Schnee unterwegs – mit seinen neuen Ski der Marke Fischer. / Bild: zvg
Ski Alpin: Als Mitte März auch für die Skifahrer die Saison abrupt endete, war das für den Grosshöchstetter Athlet Luca Aerni der ideale Zeitpunkt, um einen Neustart zu lancieren.

«Ich war gar nicht so unglücklich über den Saisonabbruch», erzählt ein entspannter Luca Aerni. «Natürlich bezieht sich das auf mich persönlich. Ich hatte keine wahnsinnig tolle Saison und hatte Mühe, überhaupt einen Renn-Rhythmus zu finden. Was die Lage der Allgemeinheit angeht mit der Corona-Krankheit, ist es natürlich alles andere als gut! Da ist es klar, dass die Gesundheit der Leute vorgeht und dementsprechend die richtigen Massnahmen getroffen wurden.» 

Auch auf die desolate Schneesituation angesprochen, zeigt sich Luca Aerni schockiert: «Was ich da gesehen habe, gab mir schon zu denken. Beim Flug von Madonna di Campiglio nach Wengen sind wir mit dem Helikopter auf gut 3000 Metern über Meer geflogen und da war null Grad – und das Anfang Januar.» Aber, gibt Aerni auch zu, sei es für den Skizirkus einfacher, auf Kunstschnee Rennen zu fahren; denn gerade im Slalom halte der Kurs besser und länger – so haben auch diejenigen Fahrer mit den höheren Startnummern eine Chance, unter guten Bedingungen zu fahren. 

Neuer Ski und neuer Schwung

Um gute Rennen zu fahren, brauche es auch einen entsprechenden Ski, erzählt Aerni weiter: «Der einzige Nachteil, den der Lockdown für mich hatte, ist, dass ich nur einen Tag testen konnte. Ich wollte verschiedene Skis ausprobieren, um mich für einen neuen zu entscheiden, aber dazu reicht nun mal  ein Tag nicht». Entschieden hat sich der Kombinations-Weltmeister von 2017 für einen Ski der Marke Fischer. «Ich hatte immerhin das Glück, einen Tag lang Skier dieser Marke auszuprobieren. Es hatte andere Athleten, die gar nicht testen konnten. Deshalb ist es für mich das Glück und das Risiko wert, das ich nun mit dem Wechsel eingehe. Schliesslich habe ich nichts zu verlieren. Mit dem neuen Ski kann ich neu anfangen», sagt Aerni. «Die letzten zwei Saisons waren für mich schlecht, deshalb entschied ich mich für einen Neustart. Ich möchte nochmals von null aufbauen.»  

Ein neuer Ski heisst gleichzeitig:  neue Bindung, neue Platte und neue Schuhe. Da kommen diverse Unbekannte auf Aerni zu. Aber das nimmt er gelassen: «Am Skitesttag konnte ich nur die Basis-Ausführung testen, das hat mir schon gut gefallen und ich habe zwei Kollegen im Team,  welche die gleiche Marke fahren, somit werde ich mich mit ihnen austauschen und von ihren Erfahrungen profitieren können», berichtet der 27-jährige Slalom-Spezialist. Im Moment wisse er noch nicht genau, was alles einzustellen und zu beachten sei. Das könne er schon bald an den ersten Skitagen herausfinden. Positiv sei auch, dass der Servicemann von Daniel Yule von der Marke Fischer angestellt ist, und sicher auch den anderen Fahrern dieser Marke hilfreich zur Seite stehen wird, falls der eigene Servicemann nicht mehr weiterkomme. Bezüglich Servicemann hat Aerni wenig Bedenken: «Ich arbeite seit 2016 mit dem gleichen Servicemann zusammen, den ich mit Sandro Simonett teile. Es wird für ihn schon etwas anders sein, den neuen Ski zu präparieren – genauso wie es zum Fahren anders sein wird. Aber solange Sandro und ich schnell fahren, wird sich der Servicemann darüber nicht beklagen», sagt Luca Aerni lachend.

Herunterfahren und kochen

Konditionell und kraftmässig fühlt sich Luca Aerni besser als letzte Saison. «Dafür fehlt mir die fahrerische Übung.» Er habe das Kraft- und Konditionstraining nach dem Programm seines Fitness-Coachs betrieben. «Ich bin praktisch jeden Tag mindestens einmal in den Kraftraum und habe draussen die Kondition trainiert».  «Ich war viel in Crans Montana, in den Bergen oder joggend unterwegs.» Was Luca Aerni am positivsten aufgefallen ist, während dieser Zeit, sei die Entspannung: «Mir hat es richtig gutgetan, runterzufahren. Und auch zu merken, dass ich mich zwischen zwei Trainings nicht von Zeitdruck stressen lassen und auswärts essen gehen muss. Es ist genauso schön, mir die Zeit zu nehmen und selber etwas zu kochen.» Auch wenn er sich dann häufig die Frage stellen muss, was er denn kochen soll. «Aber so geht es ja sicher vielen anderen auch», schiebt er amüsiert nach.

Schon bald Training im Schnee

Statt im Sommer nach Neuseeland und Argentinien zu reisen und dort auf Schnee zu trainieren, bleiben die Skifahrer heuer in der Schweiz. Ab der zweiten Juli-Woche geht es ab auf die Piste: Dreimal vier Tage und dann reicht es im August nochmals für eine Skipause und Ferien bevor es im September richtig losgeht. «Die ersten drei Wochen sind wir in Zermatt und danach in Saas Fee stationiert», erklärt Luca Aerni sein Programm. «Weil wir in der Schweiz bleiben, können wir spontan dort trainieren, wo der Schnee besser ist.» Für die kommende Saison hat Luca Aerni auch schon einen Plan: «Ich will mein fahrerisches Können wieder auf Vordermann bringen, so dass ich die Lockerheit wiederfinde. Ich hoffe auch, die Möglichkeit zu bekommen, wieder vorne mitfahren zu können und Platzierungen unter den Top 30 zu erreichen».

18.06.2020 :: Olivia Portmann (opk)