Die Rehkitz-Rettung mit Drohnen etabliert sich immer mehr

Die Rehkitz-Rettung mit Drohnen  etabliert sich immer mehr
Diese beiden Kitze wurden dank einer Drohne gefunden und gerettet. / Bild: zvg
Emmental/Entlebuch: Immer mehr Rehkitze können dank Drohnen gerettet werden. Weil das Heu heuer früh eingebracht werden konnte, ist auch bei Emd und Ökowiesen Vorsicht geboten.

165 Rehkitze haben die zehn Pilotinnen und Pilote, die im oberen Emmental mit Drohnen die Wiesen absuchen, bis Ende Mai gefunden. Dies geht aus einer Statistik des Vereins Rehkitzrettung Schweiz hervor. In 475 Stunden haben sie fast 1200 Hektaren abgesucht. Aber auch in den nächsten Wochen sei noch mit Kitzen zu rechnen, sagt Thomas Röthlisberger (siehe Kasten). Der Jäger aus Trub ist seit August Präsident des Vereins Rehkitzrettung Schweiz. 

Hohe Schlagkraft ist entscheidend

Seit für das Absuchen der Wiesen Drohnen mit Wärmebildkameras eingesetzt werden, ist die Zahl der Kitze, welche vor dem sicheren Tod durch Mähmaschinen gerettet werden können, markant gestiegen. Vorher haben die Jäger selber die Felder abgesucht, was sehr aufwändig und schwierig ist – zumal sich die Kitze bei nahender Gefahr auf den Boden kauern und keinen Laut von sich geben. «Heute wird in der Landwirtschaft viel effizienter gearbeitet als vor zehn, zwanzig Jahren», sagt Thomas Röthlisberger. Oft werden an ein paar wenigen Tagen zig Hektaren gemäht – ein Absuchen zu Fuss wäre auch personell kaum möglich. 

Dass sich die Rettung mit Drohnen immer mehr durchsetzt, zeigt sich auch an den Kursen, welche Rehkitzrettung Schweiz für künftige Drohnenpiloten anbietet. «178 Personen haben Anfang Jahr an dem Kurs teilgenommen und für das kommende Jahr haben wir schon wieder gegen 200 Interessenten», erklärt der Präsident von Rehkitzrettung Schweiz. Einer der Kursabsolventen ist René Rothenbühler vom Jagdverein Konolfingen. «Mit der Drohne ist man viel effizienter und die Suche ist sicherer», ist auch er der Meinung. «Wir brauchen aber noch mehr Piloten und auch Drohnen.» Das Fluggerät ist nicht ganz billig: Es kostet rund 6500 Franken. 

«Wurden regelrecht überrollt»

Bereits letztes Jahr eine Drohne angeschafft und einen Kurs absolviert hat Heinrich Felder, Jäger aus Schüpfheim. «Mittlerweile sind wir fünf Pilote im Entlebuch. Wir wurden regelrecht von Anfragen überrollt – die Suche mit den Drohnen überzeugt sehr», erklärt Felder. In den meisten Jagdrevieren des Entlebuchs sei einer der Jagdpächter für ein bestimmtes Gebiet des Revieres zuständig und Ansprechperson für die Landwirte. Dieser helfe oft auch beim Absuchen mit, berichtet Felder. Die gefundenen Kitze werden mit Harassen abgedeckt oder aus den Feldern getragen. «Wir brauchen noch ein paar Piloten mehr und vor allem eine gut organisierte regionale Zusammenarbeit», sagt Heinrich Felder. «Sinnvoll wären beispielsweise Trägerschaften für die einzelnen Sektionen des Verbands Revierjagd Luzern.»  

Auch der Verein Rehkitzrettung Schweiz hat sich rasant entwickelt; die Zahl der Mitglieder hat sich innert zweier Jahre fast verzehnfacht. «Wir brauchen eine professionellere Struktur, um die ganze Organisation koordinieren zu können», ist Thomas
Röthlisberger überzeugt. Er verhandelt mit den Kantonen sowie Verbänden aus den Bereichen Jagd und Landwirtschaft über eine mögliche künftige Organisation und Finanzierung. Bislang finanziert sich der Verein mit Zuwendungen von Gönnern, Tierschutzorganisationen sowie einem Beitrag des Kantons Bern.

Rehkitze auch in Ökowiesen und im Emdgras

Für die Landwirte ist seit jeher klar: Beim Mähen von Heugras muss darauf geachtet werden, dass möglichst keine Rehkitze zu Schaden kommen. Im hohen Gras sind die Jungtiere bestens versteckt und werden dort von ihren Müttern versorgt. Droht einem Rehkitz Gefahr – etwa durch ein
nahendes Raubtier oder eine Mäh-maschine – duckt es sich und rennt nicht davon. 

Kitze werden auch im Juni gesetzt

«Weil die Vegetation heuer weiter vorangeschritten ist als in anderen Jahren, konnte im Mai bereits fast alles Heu eingebracht werden», sagt Thomas Röthlisberger, Präsident des Vereins Rehkitzrettung Schweiz. «Deshalb ist es wichtig, dass die Landwirte ihre Wiesen auch absuchen lassen, wenn sie den zweiten Schnitt, das Emd, ernten wollen. Auch in Ökowiesen können sich Rehkitze aufhalten.» Diese extensiven Wiesen dürfen je nach Zone ab 15. Juni oder 1. Juli geschnitten werden. «Einige Landwirte haben einen variablen Schnittzeitpunkt vereinbart und können in der Bergzone ihre Wiesen schon vor dem 1. Juli mähen», weiss Röthlisberger. 

Im oberen Emmental und im Entlebuch beginne die Setzzeit der Rehe Mitte Mai und daure bis Ende Juni, erklärt der Jäger. Ganz späte Rehlein kämen erst Anfang Juli auf die Welt. 

Landwirte können ihre Felder direkt auf www.rehkitzrettung.ch anmelden oder einen Jäger benachrichtigen. Röthlisberger: «Wir sind froh, wenn wir die Meldung mindestens zwei Tage im Voraus erhalten.» 

18.06.2020 :: Bruno Zürcher (zue)