Tiefrotes Budget wegen Corona

Kanton Bern: Statt mit einem Überschuss von über 200 Millionen Franken rechnet der Regierungsrat aufgrund der Coronakrise für dieses Jahr mit einem Defizit von bis zu 300 Millionen.

Der vom Grossen Rat verabschiedete Voranschlag rechnet für das laufende Jahr mit einem Überschuss von 217 Millionen Franken. Auch für die nächsten drei Jahre wurden Überschüsse zwischen 95 und 112 Millionen prognostiziert. Zwei Faktoren stellen die Grundannahmen der vergangenen Finanzplanung in Frage: Die tieferen Einnahmen aus dem nationalen Finanzausgleich sowie die Folgen der Coronakrise.

«Der Kanton Bern hat sich in den letzten Jahren wirtschaftlich gut entwickelt», schreibt der Regierungsrat in einer Mitteilung. Dies führt aber auch zu einem deutlichen Rückgang der Zahlungen aus dem Bundesfinanzausgleich. Gemäss aktualisierten Prognosen dürften sich die Ausgleichszahlungen an den Kanton Bern im Jahr 2021 gegenüber dem aktuellen Jahr um rund 230 Millionen Franken reduzieren. 

Schwierige Prognosen

Aufgrund des unsicheren Verlaufs der Coronakrise und den nicht absehbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft ist derzeit eine Prognose für die Entwicklung des bernischen Finanzhaushaltes mit grossen Unsicherheiten verbunden. Nun gehe es insbesondere darum, die finanziellen Einbussen für das Budgetjahr möglichst gering zu halten. «Die nachfolgenden Planjahre rücken deshalb etwas in den Hintergrund, ohne dass sie deswegen völlig vernachlässigt werden», hält der bernische Regierungsrat fest. 

Gemäss aktuellen Prognosen muss sowohl im 2020 als auch in den kommenden Jahren mit Defiziten von mehreren Hundert Millionen Franken pro Jahr gerechnet werden. Konkret geht der Regierungsrat zum heutigen Zeitpunkt für das Jahr 2020 trotz einer vierfachen Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank von einem Defizit aus, das im schlimmsten Fall eine Grössenordnung von 300 Millionen Franken erreichen könnte. Im Jahr 2021 könnte das Defizit sogar auf über eine halbe Milliarde Franken ansteigen.

Während im Jahr 2020 vor allem ausgabenseitige Belastungen ins Gewicht fallen (Spitalbereich, medizinisches Schutzmaterial, wirtschaftliche Hilfe, Sondermassnahmen der Standortförderung), wird sich die Krise ab dem Jahr 2021 in sinkenden Steuererträgen niederschlagen, blickt der Regierungsrat voraus. 

Neuverschuldung unausweichlich

Die Coronakrise wird in den kommenden Jahren mit Sicherheit deutliche Spuren im kantonalen Finanzhaushalt hinterlassen. «Der in der Verfassung festgeschriebene Mechanismus der Schuldenbremsen ist nicht für eine länger andauernde Krisensituation konzipiert. Auch wenn die Wirtschaft aktuell wieder an Fahrt gewinnt, droht in den nächsten Jahren eine grössere Rezession. Es ist daher zu befürchten, dass die Vorgaben der Schuldenbremsen vorerst nicht eingehalten werden können», hält der Regierungsrat fest.

Für den Regierungsrat ist es aus heutiger Sicht unausweichlich, dass in den kommenden Jahren eine Zunahme der Schulden des Kantons Bern im Umfang von mehreren Hundert Millionen Franken in Kauf genommen werden muss. «Auch wenn eine Schuldenzunahme in dieser Grössenordnung aus finanzpolitischer Sicht schmerzt, so ist sie doch in Relation zu dem in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfolgten Schuldenabbau sowie zu der aktuellen Corona-Krise und den dabei getroffenen Hilfsmassnahmen zu setzen», schreibt der Regierungsrat. Selbst wenn die Schulden deutlich zunehmen, dürften sich in Anbetracht der nach wie vor historisch tiefen Zinssätze die Auswirkungen auf die Erfolgsrechnung zumindest mittelfristig in einem finanzpolitisch vertretbaren Ausmass halten.

04.06.2020 :: pd