«Musst keine Angst haben, Mami»

Auszeit:

«Das ist ein richtiges Spielgewehr», ruft der sechsjährige Sohn seiner Mutter zu. Sie packt ihre drei Kinder, zerrt sie von der Schiesserei weg ins Haus hinein. Die Mutter hat eben über den Gartenzaun zugeschaut, wie der Nachbar mit mehreren Schüssen beschossen und verletzt wird. 

Die drei Kinder setzen sich zusammen mit ihrer Mutter in eine Ecke der Stube. Sie zittern am ganzen Körper. Was nun? Wird der Schütze auch uns erschiessen? Schliesslich hat die Mutter den Schützen ja beobachtet. Sie könnte bezeugen, wer der Schütze war. Sagt unsere mittlere Tochter: «Mami, musst keine Angst haben, komm wir lesen dieses Büchlein.» Sie nimmt das bebilderte Kinderbüchlein unter dem Kaffeetischchen hervor, erzählt den anderen Dreien den Psalm 23. Während sich alle vier durch diesen Psalm beruhigen lassen, versucht der Vater draussen, Erste Hilfe zu leisten. Der Schütze ist weg. Der Verletzte wird schnell in ein weit entferntes Spital gebracht, damit ihn der als Soldat verkleidete Schütze nicht mehr finden kann. Die Angst bleibt uns allen in den Knochen stecken.

Wo nehmen wir in solchen
Situationen die Kraft und den Mut zum Leben her? Man ist sich des Lebens nicht sicher, da sich verschiedene politische Gruppierungen und Kriminelle gegenseitig bekämpfen. In dieser kritischen Lebenssituation spenden uns Worte wie «Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du [Gott] bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich,» tiefe Hoffnung und beruhigen.  Insbesondere, wenn diese Worte von der eigenen fünfjährigen Tochter kommen. Eine kleine, illustrierte biblische Geschichte bewirkt Wunder. Da muss auch Mami keine Angst mehr haben.

Dieses und ähnliche Erlebnisse, die wir als Familie in Asien durchlebten, lassen uns immer wieder neu dankbar sein, für die Hand Gottes über unserem 

Leben, über unserem Heimatland Schweiz und für den Bundesrat in unserer momentanen Situation.

14.05.2020 :: Philipp Schmuki