Schnee von gestern – oder doch nicht?

Auszeit:

Der zweite Sonntag im Mai ist auch heute noch in den meisten Kalendern mit dem Wort «Muttertag» überschrieben. Der Ursprung dieses Tages geht ins erste Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts zurück. Eine Methodistin hat zum zweiten Jahresgedächtnis ihrer Mutter Frauen zu
einem Meeting eingeladen und liess 500 weisse Nelken an alle jene austeilen, die gekommen sind. Ein paar Jahre später ist daraus der Muttertag geworden.

Die einen sagen: «Das ist doch Schnee von gestern.» Das heisst im Klartext: Wer daran denkt, hat ein altmodisches Frauenbild. Heute sind doch alle Menschen emanzipiert. Wir brauchen keinen Tag für eine bestimmte Gruppe von Menschen. Wir haben die verschiedenen Kommunikationsmittel, die wir an solchen Tagen benützen können. Tatsache ist: Die Mütter sind und bleiben Personen, die uns das Leben geschenkt haben. Ohne sie wären wir nicht auf dieser Erde. Als Kind, das Ende des letzten Weltkrieges geboren wurde, habe ich mich schon oft gefragt: «Was haben unsere Mütter damals geleistet, als ihre Männer – unsere Väter – im Krieg
waren?» An so manchen Orten mussten sie Hand anlegen und haben ihre Familien mit vielen Entbehrungen durchgebracht. Damals haben sie die Welt auf ihre Art und Weise mitgestaltet.

Ich will nun nicht von den
«guten alten Zeiten» schwärmen oder sie glorifizieren. Denn auch heute noch leisten die Mütter sehr viel. Ich denke dabei an die Tatsache, dass die einen neben einem Beruf immer wieder für die Kinder da sind. Ich denke an solche, die nur das Beste für ihre Kinder wollen. Einmal im Jahr an sie zu denken oder ihnen eine Geste des Dankes oder ein Stossgebet zu senden – das ist sicher kein Luxus und braucht keinen grossen Aufwand. Auf jeden Fall: Allen Müttern gilt ein grosses Dankeschön für alles!

07.05.2020 :: Jakob Zemp