Ich habe einen neuen Job. Als Kulturschreiberin kann ich gerade keinen Blumentopf gewinnen. Sie werden
vermutlich denken: «Wow, in diesen Zeiten. Was für ein Glück!» Na gut, finanziell schaue ich bei meiner neuen Tätigkeit in die Röhre. Aber abgesehen davon fühle ich mich ausgefüllt und wichtig – zwei Dinge, die zu einem
guten Job gehören.
Zum Stellenbeschrieb: Aufmerksame Lesende wissen, dass es meiner Katze Heidi Anfang März nicht gut ging. Die Diagnose: Hypertrophe Kardiomyopathie im Endstadium. Dies ist genauso bedrohlich, wie es klingt. Es handelt sich um einen Gendefekt, der quasi das Herz zerstört. «Nur noch wenige
Wochen», sagte die Tierärztin traurig und übergab mir mit den Worten «die werden bis zum Ende reichen» drei Medikamente: zur Herzkräftigung, zum Blutverdünnen und zur
Entwässerung. Seither habe ich zwei Tagesziele. Morgens frage ich: Hat die Katze ihre Medikamente genommen? Abends frage ich: Hat die Katze ihre Tabletten intus? Anfangs habe ich die Pillen wie ein Sandwich zwischen Leckerlis geklemmt und rein damit. Das funktionierte eine Woche lang. Dann musste ich eine andere Technik entwickeln, um dem cleveren Geschöpf die Medis unterzujubeln. Ausserdem schaue ich jeden Tag: Wo schläft die Katze? Wo läuft die Katze? Wie atmet die Katze?
Diesen Job nenne ich Key Account Survival Cat Watching Health Managerin. Eine wunderbare Aufgabe. Allerdings ist mein Wortschatz geschrumpft und die Sprechstimme zwei Oktaven höher als sonst. Heidi gefällts, wenn ich «Ja fein!» oder «Schätzchen-Kätzchen» in Babysprache quieke. Nur bei meinem Partner beobachte ich hochgezogene Augenbrauen, wenn ich «Ja fein!» säusele, wenn er aufgegessen hat. Mit dem Kosewort «Kätzchen-Schätzchen» ist er auch nicht einverstanden, «Bär schwär» würde ja auch besser passen.
Was Katzenfutter angeht, bin ich nun Profi. Alle Medikamente nimmt Heidi nur, wenn sie zu Pulver zermahlen in Gourmet-Gold-, Mega-Mousse-, Super-Soup- oder Hamham-Häppchen versteckt sind. Meiner Katze konnte eigentlich nichts Besseres passieren als diese Sie-wissen-schon-Zeiten. Mir vermutlich auch nicht, trotz der täglichen Schreckensmeldungen fokussiere ich mich aufs Überleben meines Stubentigers. Wir sind den ganzen Tag zu Hause und jederzeit streichelbereit. Wir regen uns auch nicht mehr auf, wenn das Tierchen auf dem Tisch liegt.
Früher machte sie dies ja auch – aber statt «Los, runter da!» zu brüllen,
lächeln wir jetzt nur milde.
Die Medikamente reichten übrigens nicht. Wir deckten uns jetzt für drei Monate ein.