Auslandabhängigkeit

Unverhofft habe ich plötzlich viel Zeit zum Nachdenken. Nachdenken über Prioritäten, die Gesellschaft und das internationale Zusammenspiel. Unweigerlich stolpere ich über das Thema der Auslandabhängigkeit der Schweiz. Ökonomisch betrachtet macht es durchaus Sinn, nicht alles selbst herzustellen. Solange die Lieferketten funktionieren, ist es auch gar kein Problem, dass Güter wie Schutzmasken, Desinfektionsmittel, Medikamente und Impfstoffe grösstenteils aus dem Ausland importiert werden. Was, wenn nun aber unsere Handelsbeziehungen durch Ausfuhrverbote, Lieferungen, die an den Grenzen zurückbehalten werden, etc. strapaziert werden?

Eigenversorgung ist nicht gratis, nein, im Gegenteil, Eigenversorgung kostet! Und das darf sie auch! Denken wir nur mal an die Versorgung mit Lebensmitteln. Natürlich ist es teurer, beispielsweise Schweizer Fleisch einzukaufen, natürlich hilft der Staat mit Subventionen. Das darf er aber auch. Wir, die Politik, die Gesellschaft, setzen Priorität auf die – nebenbei bemerkt dringend notwendige – Eigenversorgung mit landwirtschaftlichen Gütern und Lebensmitteln. 

Und wie sieht es unsere Gesellschaft mit der Energieversorgung? Hier scheinen wir uns blindvertrauend in die Abhängigkeit von Energiezulieferern, Elektrizitätswerken und ausländischen Energieimporteuren zu geben. Auch hier gilt: Eigenversorgung kostet etwas. Mit einheimischer, erneuerbarer Energie wie Sonne und Holz, könnten wir uns im Emmental vollständig selbstversorgen. Die Investitionskosten können über die Nutzungsdauer zu einem Grossteil bis vollständig wettgemacht werden, da nicht erneuerbare Energie bei normalen Marktverhältnissen teurer ist. 

Dass das Loslösen von fossiler Energie notwendig ist, scheint man auch im Kanton Bern so zu sehen: So fördert dieser nun den Ersatz von Ölheizungen beispielsweise durch eine Holzheizung, und zwar unabhängig vom Baujahr. 

Im Unterschied zu den im Ausland hergestellten Schutzmasken, Desinfektionsmitteln und Ähnlichem, wo wir als Konsument keine Einflussmöglichkeiten haben, haben wir bei der Wärmeversorgung die Karten selbst in der Hand. Eigenheimbesitzern können selbst bestimmen und auch Mieter können bei einem Umzug die Energieversorgung als Entscheidungskriterium für die Wohnungswahl mit einbeziehen. Vielleicht ist die staatlich angeordnete Entschleunigung genau der richtige Moment, sich über so banal erscheinende Themen wie die eigene Energieversorgung Gedanken zu machen. 

16.04.2020 :: Tabea Bossard-Jenni