Er geht positiv und aktiv durchs Leben – seit 102 Jahren

Er geht positiv und aktiv durchs  Leben – seit 102 Jahren
Schüpfheim: «Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied», sagt Theodor Schmid, der seinen 102. Geburtstag feiern konnte. Seine reichen Lebenserfahrungen und Weisheiten teilt er gerne mit.

Am 1. September wurde Theodor Schmid aus Schüpfheim 102 Jahre alt. Seine grosse Familie mit elf Kindern,  den Schwiegersöhnen und Schwiegertöchtern, 27 Gross- und 25 Urgrosskindern feierten mit ihm im Pfarreiheim ein unvergessliches Fest. Körperlich und geistig ist der Jubilar bei bester Gesundheit und lebt noch selbständig im Stöckli auf dem Hof Bachmatte, der heute von einem Enkel bewirtschaftet wird. Seine Familie, die ihn unterstützt, bedeutet ihm viel.



800 Tage Aktivdienst 

«Ich bin der älteste in der Sippe, und als ältester von fünf Brüdern musste ich den Jüngeren ein Vorbild sein», erzählt der Jubilar und berichtet weiter: «Der National- und Regierungsrat Theodor Schmid war mein Grossvater. Meine Mutter ist eine Enzmann aus dem Schwarzwald. Sie war weniger streng als mein katholisch-konservativer Vater. Ich wuchs behütet auf, besuchte die Sek und absolvierte nach einem Welschlandaufenthalt die landwirtschaftliche Schule.»

Dieses wohlgeordnete Leben wurde am 1. September 1939 durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unterbrochen. Zwei Tage nach seinem 22. Geburtstag musste Theodor einrücken. Bis zum Ende des Krieges zählte er 800 Diensttage. Zuhause wurde geackert, Kartoffeln und Getreide angebaut. Die Anbauschlacht war Pflicht und wurde streng kontrolliert. Wegen des Krieges musste Theodor Schmid auch die Heirat mit Mareili Studer aufschieben. Erst nach dem Krieg, am 2. Oktober 1945, konnten die beiden ihre Ehe beschliessen.

Neben seinem Hauptberuf als Landwirt übte Theodor Schmid zahlreiche weitere Tätigkeiten und ämter aus. 28 Jahre war er Sänger im Kirchenchor. Im Kirchenrat und in der  landwirtschaftlichen Genossenschaft engagierte er sich als Aktuar. Das Amt des Experten für landwirtschaftliche Steuereinschätzung kam seiner Freude an Zahlen entgegen.



Humor hilf in schwierigen Zeiten

Auch Krisen hat er durchlebt. Zwei seiner ursprünglich 13 Kinder starben früh. Vor zehn Jahren musste Theodor Schmid auch von Mareili Abschied nehmen. Mit Hilfe der Familie und der Spitex hatte er seine Frau jahrelang daheim gepflegt. Sein Humor sei ihm eine Hilfe in schwierigen Zeiten gewesen, sagt Schmid.

Wenn der Jubilar heute auch nicht mehr überall dabei sein kann, seine Hobbys übt er immer noch aus. Als Schwingerfreund besuchte er im August das Eidgenössische Schwing- und älplerfest in Zug. Mit der Philatelie beschäftigt er sich seit vielen Jahren. Kaffeerahmdeckeli, Fotos und Ansichtskarten sammelt er auch. Stolz ist er auf eine Karte, die am Tag seiner Geburt, dem 1. September 1917, abgestempelt wurde. Auf einer Fotografie aus seiner Schulzeit sieht man ihn mitten in einer grossen Schülerschar. «38 waren wir in dieser Klasse. Jetzt bin ich noch der einzige», sagt er dazu. «Ich lese immer noch viel, schreibe Sprüche und Gedichte und führe Tagebuch. Seit dem 1. Juli 1989 notiere ich jeden Tag, wie viele Kilometer ich gelaufen bin. Früher waren es bis 20 Kilometer täglich, heute noch drei bis vier. Immer habe ich interessante Begegnungen unterwegs. Jeder Mensch ist etwas Besonderes.»

Seit 30 Jahren reist Theodor Schmid mit seinem GA durch die Schweiz. Um sein Französisch aufzubessern, stieg er in den Zug nach Genf. Mit einer Tessinerin sang er auf der Fahrt nach Bellinzona italienische Lieder. Jungen Leuten rät er unterwegs, sie sollen machen, was ihnen gut tue und sich nicht fremdbestimmen lassen. Er habe sich immer eine eigene Meinung erlaubt und schon vor 80 Jahren mit biologischer Landwirtschaft begonnen, als dies noch vielen fremd war. Für Junge, die rebellieren, hat er Verständnis. Es gebe viele Rufer in der Wüste, und es gehe lange, bis die Politik reagiere.



Nicht zu hohe Erwartungen haben 

Ein Rezept für glückliches Altern hat Theodor Schmid nicht, jedoch einige Tipps. Wichtig sei eine gute Ernährung, nicht rauchen, keine Drogen, genug Schlaf, Gelassenheit und keinen Stress. Dazu soll man den Umgang mit positiven Menschen pflegen, die Leute so akzeptieren, wie sie sind und sich seinen kritischen Verstand bewahren. «Unglücklich wird man, wenn man zu hohe Erwartungen hat. Ich bin ein glücklicher Mensch, weil ich etwas dafür tue. Glück schafft man sich selber.»

12.09.2019 :: Bernadette Waser-Unternährer (wbe)